Donnerstag, 24. Dezember 2009

Are you the genius, or are you the guy who always feels like he's living in the shadow of a genius?

Maternity Leave:

Zwei Tage vor Heiligabend (also an Bens Geburtstag – zumindest nach der Zählweise im Deutschen Lostpedia) sitze ich nun also an der Review zu „Maternity Leave“ oder wie es unsere geliebten Übersetzer nennen „Mutterschutz“, was aber ausnahmsweise mal tatsächlich die korrekte deutsche Übersetzung ist, obgleich der englische Terminus auch den „Mutterschaftsurlaub“ meinen kann. Na ja, vorab möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass ich es wirklich als sehr wahrscheinlich ansehe, dass Aaron Jacobs Sohn ist und einige Theorien in dieser Review diese Hypothese miteinbeziehen oder gar stützen werden.

„Aber zunächst ein Blick zurück“: Wir wissen bislang immer noch nicht, was die Schwangerschaftsprobleme ausgelöst hat und seit wann sie bestehen. Wir wissen nur, dass 1977, als Ethan geboren wurde, es noch kein Problem war, auf der Insel schwanger zu sein. Die Komplikationen während einer Schwangerschaft müssen also erstmals irgendwann zwischen 1977 und 2000 aufgetreten sein, denn 2001 holt Ben Juliet auf die Insel, um das Problem zu lösen. Vier wichtige Ereignisse fallen in diesen Zeitraum: Ben wurde ein Anderer, der Vorfall, die Säuberung und letztlich Bens Ernennung zum Anführer der Anderen. Auf den ersten Blick scheint der Vorfall ein sehr wahrscheinlicher Kandidat, da radioaktive Strahlungen in der Tat zu vermehrten Fehlgeburten führen können. Lange Zeit nahmen wir jedoch an, dass Alex aus den gleichen Gründen entführt wurde wie Claire und Aaron. In Wahrheit hatte Charles aber ihren Tod angeordnet. Ben entschied eigenmächtig, sich Alex’ anzunehmen und im Streit zwischen Charles und Ben sind Schwangerschaftsprobleme kein Thema. Alex wurde also – anders als andere Kinder – nicht entführt, weil die Anderen Probleme mit ihrer eigenen Population hatten.

Also was verursacht die Schwangerschaftsprobleme? Ich komme jetzt mal mit einer scheinbar gewagten Theorie, aber sie würde eigentlich perfekt passen. Also, um es noch mal ganz klar zu betonen: der folgende Abschnitt ist vollkommen hypothetisch.

Nehmen wir einmal an, dass Jacob für den Fall seines Todes einen Nachfolger benötigt bzw. einen Körper, in dem er weiterleben kann. Jetzt kommt aber nicht jeder beliebige Mensch in Frage, sondern nur solche, die auf der Insel geboren wurden. Wie könnte „Samuel“ also verhindern, dass Jacob einen Erben in die Welt setzt? Genau, er unterbindet Geburten auf der Insel gänzlich. Warum aber erst nach 1977? Wegen Ben. Ben ist der Eine, Jacobs Auserwählter und durch sein Erscheinen oder spätestens seine Ernennung, die mit Charles Verbannung einhergeht, ist klar, dass die letzte Stufe des Wettstreits eingeleitet ist. „Samuel“ muss also Ben gegen Jacob aufbringen und zeitgleich verhindern, dass weitere Kinder auf der Insel geboren werden und er muss alle, die bislang auf der Insel geboren wurden und noch am Leben sind, aus dem Weg räumen: Ethan, Charlotte, Daniel und Miles. Bis auf Miles sind sie mittlerweile alle gestorben. So dezimiert „Samuel“ also mögliche Kandidaten für Jacobs Wiederkunft oder Nachfolge. Ferner bringt er Charles (welcher im Übrigen Daniel, Charlotte und Miles auf die Insel zurückbrachte) auf seine Seite. Der befiehlt Alex’ Tod, weil ihre bloße Existenz für „Samuel“ eine Gefahr darstellt. 1988 scheitert Charles noch an Ben, doch 2004 gelingt es, Alex als Kandidatin auszuschalten. Erst nach 16 Jahren kommt wieder ein Kind auf der Insel zur Welt: Aaron. Malkins Prophezeiungen und Claires eigene sowie Charlies Visionen sprechen eine deutliche Sprache: dieses Kind ist etwas besonderes. Dann wäre da noch Kates Vision von Claire, die ihr aufträgt „ihn“ auf keinen Fall zurückzubringen, während andere Mächte alles daran setzen, dass John auf die Insel zurückkehrt. Natürlich will Charles, dass John bei Kriegsbeginn auf der Insel ist, denn sein Meister braucht schließlich dessen Körper. Ob „Samuel“ Charles das gesagt hat? Vermutlich nicht, denn er manipuliert Charles wohl ebenso wie Ben. Und dann wäre da noch Jacob selbst, der zu Charles ein ähnlich schwieriges Verhältnis zu haben scheint wie zu Ben. Zweimal wird Jacob vor Charles erwähnt und beide Male knickt dieser sonst so verbissene Fels ein. Richard sagt Charles, Jacob wolle, dass Ben lebt und prompt wird Charles handzahm und unterwürfig. Als Ben 11 Jahre später Charles fragt, ob Jacob wolle, dass sie unschuldige Kinder töten, wendet er sich ab und geht. Wieso? Weil Ben beginnt ihm auf die Schliche zu kommen. Jacob würde so ein Verbrechen nie anordnen, aber Charles war es leid zu warten und hat sich längst an eine andere Macht der Insel gewandt: „Samuel“. „Samuel“ versucht vermutlich stets die Anführer für sich einzunehmen. Charles wurde jedoch gestürzt und verbannt, ehe er Jacob töten konnte. Diesen Fehler darf „Samuel“ nicht wiederholen, also tut er alles, um Ben wütend auf Jacob zu machen, nicht ahnend, dass Jacob genau das Gleiche tut. Ben ist der perfekte Kandidat: willensstark, integer, hochintelligent, einsam, verstört und vor allem rebellisch. Gucken wir uns doch mal an, wie Jacob Ben behandelt, als sie einander endlich gegenüberstehen. Jacob lässt „Samuel“ eigentlich links liegen, geht auf Ben ein, lässt ihn reden, hört sich sein Leid an. Und dann die Frage: „Was soll mit dir sein?“ Diese verfolgt zwei Ziele: Nummer Eins ist offenkundig: Ben soll Jacob töten. Zeitgleich ist diese rhetorische Frage, aber auch die Antwort auf Bens Frage. Denn es ist ja tatsächlich nichts mit ihm. Ganz im Gegenteil: Er durfte Jacob nicht treffen, eben weil er besonders ist, weil er Jacob töten muss. Ben musste leiden, musste wütend gemacht werden, doch anders als bei John kann Jacob Ben nicht sagen, dass es ihm leid tut. Aber jetzt kommt etwas, dessen Bedeutung mir erst klar wurde, als ich begann über die Review zu „The Incident“ nachzudenken (die gehe ich übrigens an, sobald die letzten zwei Gastbeiträge von Furya online stehen). Was ist so ziemlich das letzte, das Jacob tut und was Ben dazu veranlasst, von ihm abzulassen? Er berührt Ben! So wie er Kate, James, Hurley, John, Jin, Sun, und Sayid berührt hat. Ben war der letzte auf seiner Liste. Vor einigen Monaten hab ich mal gescherzt, die Antwort auf „What lies in the shadow of the Statue?“ müsse Benjamin Linus lauten, denn „to lie“ kann ja sowohl „liegen“ als auch „lügen“ bedeuten. Er, der uns alle retten wird, kann nur Jacob, John oder Ben sein – alles andere wäre etwa so logisch wie ein Reset^^. Jacob ist tot, John ist tot, Ben lebt. Sofern also keiner der anderen zwei Pappkameraden wieder aufersteht, bliebe nur Ben.

Und noch ein bezug zur Bibel, der mit der Liste zusammenhängt, fiel mir heute ein: „Und nochmals sagte er: Mein Herr zürne nicht, wenn ich nur noch einmal das Wort ergreife. Vielleicht finden sich dort nur zehn. Und wiederum sprach er: Ich werde sie um der zehn willen nicht vernichten.“ (1. Mose, 18, 32) – diesen Deal traf Gott mit Abraham bezüglich der Vernichtung von Sodom: Gelänge es Abraham zehn gerechte Menschen in der Stadt zu finden, würde Gott sie verschonen. Jacob sucht seine Gerechten bis heute.

Kommen wir nun aber zu Claire und dem kranken Aaron. Ich muss sagen, so spannend und aufschlussreich die Folge doch ist, so konstruiert ist sie auch. Aaron wird krank – letztlich dient das lediglich als Aufhänger, damit Claire sich bereits Sorgen macht, als Danielle auftaucht. Und da haben wir gleich das nächste Problem: Es ist zwar logisch, dass Danielle Claire mit ihrer Paranoia ansteckt, aber nicht, dass Danielle ins Lostie-Lager gelatscht kommt und zu Claire geht und nach Kates Tobsuchtsanfall unverrichteter Dinge wieder von dannen zieht. Eine Folge zuvor ist sie noch stundenlang durch den Dschungel gelatscht, in der Hoffnung auf Sayid zu treffen, weil sie sich nicht näher ans Lager traute – nicht zuletzt wegen Claire – und jetzt marschiert sie schnurstracks (ohne bemerkt zu werden) zu Claire, merkt, dass Aaron kränkelt und meint dann, er habe sich infiziert. Diese ominöse Infektion ist dann gleich der nächste Knackpunkt. Das, was Danielle als Infektion bezeichnet, ist so wie es in „Dieser Ort ist der Tod“ aussah, mehr eine Art Besessenheit (wahrscheinlich ausgelöst durch das Monster). Für mich entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass Danielle als ein aufgeklärter Mensch (und auch noch, nach einem Aufklärer benannt) eine Beessenheit als Krankheit deutet, weil sie andere Erklärungsmodelle als Wissenschaftlerin ausschließen muss, während man früher (vor allem im Mittelalter) dazu neigte, bestimmte Krankheiten als Besessenheit fehl zu interpretieren. Hier treffen neben Glaube und Wissenschaft auch noch zwei Epochen und Geisteshaltungen aufeinander.

Claire lässt sich als besorgte Mutter natürlich von Danielles hausgemachter Paranoia anstecken. Letztlich dient diese an den Haaren herbeigezogene Einleitung nur einem einzigen Zweck: die Autoren wollen aufdecken, was sie uns in Staffel 1 unmöglich offenbaren konnten – nämlich was in den etwa zwei Wochen von Claires Abwesenheit mit ihr passiert ist. Durch Claires Erinnerungen (als Flashbacks will ich das mal nicht bezeichnen) bekommen wir nämlich erstmals eine Idee davon, dass die Anderen vielleicht gar nicht so böse sind. Plötzlich ist Ethan richtig lieb und Tom schimpft mit ihm, wegen der Entführung. Aber alles der Reihe nach – auch wenn wir es bei „Lost“ gewohnt sind, dass so ziemlich gar nichts der Reihe nach passiert.

Claire sucht Hilfe bei Libby, denn die kann ’nen Zaubertrick. Libby sagt einem, man soll sich entspannen und tief durchatmen und die Amnesie ist wie weggeblasen. Aber sie warnt Claire auch, dass das Gedächtnis sich manchmal aus guten Gründen verschließe, wenn man etwas traumatisches erlebt habe. Ja, oder wenn man unter Drogen gesetzte wurde...oder dem Tempel einen Besuch abgestattet hat. Apropos: Zwei Leute, die auf mysteriöse Weise etwas vergessen haben, auf einer Insel, auf der Zufälle nicht existieren. Man sollte zumindest in Betracht ziehen, dass Claire und Ben aus dem selben Grund vergessen mussten, denn die Zeit zwischen dem Schlag mit dem Gewehr und dem Treffen mit John und Boone im Dschungel fehlt uns und Claire weiterhin. Danielle sagt, sie habe Claire in der Nähe des Camps abgelegt. Was ist danach passiert? Wir wissen es nicht.

Genauso wenig wissen wir, was Ethan Claire überhaupt gespritzt hat. War es wirklich gegen die sogenannte Seuche oder verfolgte das Medikament nicht vielleicht vielmehr den Zweck den Schwangerschaftsproblemen vorzubeugen? Denn anders als der „Impfstoff“ aus dem Schwan tragen die Ampullen im Stab neben der Bezeichnung „CR 4-81516-23 42“ nicht die Kennung „RX-1“ sondern „RX-1 GND“ (und nein, das konnte ich nicht in der Serie entziffern, sondern hab’s auf Lostpedia nachgeguckt^^). Keiner weiß wofür „GND“ steht. Vermutlich heißt das soviel wie „Dr. Burkes patentiertes Wunderelixier für Schwangere, die bald draufgehen dürften“. Ist „CR 4-81516-23 42“ vielleicht die Kennung für irgendeine Substanz, die einen Körper gegen eine Beeinflussung durch das Rauchmonster schützt? Steht „CR“ vielleicht für „Cerberus Resistence“? Wäre nicht der erste wirksame Schutz gegen Smokey aus dem Hause Dharma. Außerdem würde es sowohl zu der Theorie passen, dass die Seuche in Wahrheit eine durch das Monster ausgelöste Besessenheit ist, als auch zu der Hypothese, dass „Samuel“/Cerberus (ich gehe mal davon aus, dass da ein Zusammenhang besteht) die Probleme bei Schwangerschaften auslöst.

Die Taufe Aarons könnte einem ganz ähnlichen Zweck gedient haben, denn anscheinend darf Cerberus nur Sünder richten, die zudem ihre Sünden nicht bereuen (siehe Ben und Eko). Die Taufe reinigt einen Menschen von allen Sünden und schützt Aaron somit davor, dass das Monster die Sache selbst in die Hand nehmen und Aaron töten kann.

Bemerkenswert ist auch, dass Claire offenbar nicht nur eine Amnesie erlitten hat, sondern gleich zwei (zum Preis von einer), denn bei Ethan erinnert sie sich nicht mehr an den Crash, der ihr später im Lager (nach „Homecoming“) wieder einfällt (den Stab hat sie aber weiterhin vergessen). Im Stab hält sie Ethan für einen Arzt, der sie VOR dem Flug nach L.A. noch mal untersucht. Allerdings ist Claire alles in Allem dermaßen zugedröhnt, als hätte sie sämtliche Bestände einer neurologischen Gemeinschaftspraxis aufgefressen.

Claire erinnert sich (jetzt wieder in der Gegenwart) jetzt zumindest schon mal an das geheimnisvolle Medikament und will natürlich ab in den Dschungel und mehr davon besorgen... und wenn sie noch was von Ethans anderem geilen Stoff findet, umso besser! Zu diesem Zweck will Kate von Sawyer etwas besorgen, das man auf jeden Fall dabei haben sollte, wenn man zu zweit in den „Magic Forest“ marschiert. Ratet mal, was das wohl sein könnte... Schlafsack? – Nein. - Eine lange Unterhose? – Nein. - Kleidung zum Wechseln? – Nein. - Einen Hochleistungshaartrockner? – Was? Nein, natürlich nicht. - „Walt?!“ – Auch, nicht. Aber das ist sehr kreativ. – ’Ne Knarre? – Richtig. Wie Kate die aber nun von Sawyer bekommt bzw. wo der die Wumme herholt, bekommen wir selbstverständlich nicht zu sehen. Warum? Er sitzt drauf!

Auch Claire bereitet sich auf die Campingtour vor. Da muss man erst mal einen Babysitter besorgen. Dieser Babysitter ist Sun und Sun schafft es auch nach fünf Jahren noch mich fuchsteufelswild zu machen, denn was sie jetzt raushaut, regt einen erst so richtig auf, wenn man Staffel 5 gesehen hat: „A mother should not leave her child.“ („Eine Mutter sollte ihr Kind nicht alleine zurücklassen.“)

?

Was? Wie war das? Da musste ich erst mal zurückspulen und noch mal hören, ob ich mich nicht verhört habe. „A mother should not leave her child.“ („Eine Mutter sollte ihr Kind nicht alleine zurücklassen.“) Nein, mit meinem Gehör stimmt alles... Aber Glückwunsch, Sun, denn ab sofort haben Sayid und Jack ihren verdienten ersten Platz in meinem Ranking der größten Heuchler dieser beknackten Insel an dich abgetreten. Möchtest du noch irgendeine Dankesrede halten oder wen grüßen? Ist ja nicht so, dass Claire ihr Kind zuhause lassen würde, während sie in einen Flieger steigt, um ohne eine große Chance auf Rückkehr irgendwo abzustürzen. SUN! Wirklich... die Frau kann man nur noch in eine Waffenkammer stecken und die Kombination vergessen.

Apropos: Wie sieht es derzeit eigentlich im Schwan aus? Eko will sich ’ne Säge borgen und Ben wird von Jack aufs Klo begleitet (der Mann ist wirklich nicht zu beneiden). Also: tote Hose! Spaß beiseite. Im Schwan passiert in dieser Folge nicht viel, aber das, was passiert, hat es in sich. Doch genau deswegen will ich es auch lieber in einem Paket am Ende analysieren, denn für die Handlung um Claire und Aaron war der Schwan nur zu Beginn überhaupt von minimaler Bedeutung, weil sie beinahe in die Station gerannt wäre, was Locke zu verhindern wusste. Da Ben eingeschlossen ist, frag ich mich nur, was sie hätte sehen sollen? Oder knutschen Jack und Ben heimlich rum, wenn keiner da ist?

Claire erwidert Sun auf ihre anmaßende Bemerkung zumindest das einzig Richtige: „I'm sorry, are you a mother?“ („Entschuldige, bist du eine Mutter?“) Das saß! (Vielleicht stand es auch oder lag.... man weiß es nicht). Doch dann benutzt Sun das Wort „sure“ und wieder beginnt Claire sich zu erinnern (sorry, aber die Stelle finde ich wirklich extrem albern und melodramatisch). Im nächsten Pseudo-Flashback erleben wir Claire noch zugedröhnter als im letzten... zumindest hab ich bei mir im Notizheft nur noch stehen: „Boah, is’ die high!“ Was ich wiederum total faszinierend finde, ist dass der Part, wo es darum geht, dass Claire sich sicher („sure“) sein soll, in diesem Flash-was-auch-immer gar nicht vorkommt, sondern erst im nächsten.

Jetzt will Ethan Claire erst einmal eine Überraschung zeigen (bei der Erstaustrahlung auf Pro7 kam übrigens genau an der Stelle Werbung: geile Überraschung, muss ich schon sagen!). Die echte Überraschung ist aber weder die Werbung noch die „Escape Hatch“ (wo die wohl hinführt?) oder der normale Ausgang, sondern ein Kinderzimmer, das Rübenkopf bald ganz für sich allein haben soll. In dem Zimmer steht auch ein durchaus vertrautes Kinderbettchen, über dem ein durchaus vertrautes Mobile mit durchaus vertrauten Flugzeugen einer durchaus vertrauten Airline hängt – das gleiche Teil war ein Element in Claires Traum/Vision in „Volkszählung“.

Man hört Tom auf dem Gang, der nach Ethan ruft. Ethan geht auf den Flur und die beiden streiten sich. Tom ist ungehalten über Ethans Vorgehen und weiß nicht, was er „ihm“ sagen soll. Man kann wohl davon ausgehen, dass „ihm“ in diesem Fall gewiss nicht Jacob, sondern Ben meint. In der Tat dürfte Ben ganz schön ausgetickt sein, als er erfuhr, dass Ethan eigenmächtig gehandelt und Claire einfach entführt hat. Jegliche Chancen sich den Losties friedlich zu offenbaren, waren damit vorerst hinfällig. Für Ben verschlechtert das außerdem die Chancen auf seine OP dramatisch. Ben und Juliet dürften wohl sowieso in einem ganz schönen Dilemma gesteckt haben, denn beide konnten zwar hoffen, dass Claire überlebt, weil sie fern der Insel schwanger wurde, doch sicher sein konnten sie sich nicht. Und jetzt erklärt den Losties mal, dass sie auf Magic-Island sind, wo alles geheilt wird, aber neues Leben selbst nicht entstehen darf. Da hätten wir schon wieder einen Verweis auf „Samuel“. „Samuel“ ist die Personifizierung des Stillstandes, einer starren, aber auch toten Ordnung. Selbst, wenn etwas passiert, ändert sich nichts, denn alles endet stets gleich. Jacob hingegen ist das Leben, der Fortschritt, das Chaos. Für ihn endet alles nur einmal und zwar dann, wenn sowohl er selbst, als auch „Samuel“ weg sind und die Menschen auf sich gestellt sind. „Samuels“ Macht wächst und Jacobs schwindet. Er wird schwächer. Vielleicht hat er „Samuel“ ja mit dem Bannkreis selbst in der Hütte eingeschlossen – ähnlich einer Dämonenfalle. Dann kam John und zerstörte den Kreis („Help me!“), denn wir wissen bislang nicht, was Christian, der vermutlich „Samuel“ war, und Locke wirklich besprochen haben. Oder? Das Verschieben der Insel hat auf jeden Fall einen Nebeneffekt, der „Samuel“, wenn meine Theorie stimmt, zu Gute kommt: Wer bereits auf der Insel geboren wurde, stirbt an den Folgen – Charlotte ist es passiert und Miles und Daniel wäre es vielleicht noch passiert. Ihr merkt schon: ich versuche die fehlende Incident-Review mit ein paar Appetithäppchen wieder gutzumachen.

In der Gegenwart latschen Kate und Claire schon bald durch den Dschungel und wie es der Zufall will, treffen sie Danielle. Als Danielle Claire dahin gebracht hat, wo sie sie fand, geraten die beiden heftig aneinander, weil beide von der jeweils anderen annahmen, sie wisse, wo die Station sei. Davon, dass Kate Danielle eine Knarre an den Kopf hält, zeigt die sich wenig beeindruckt. Ihr Lebenswille ist nach 16 Jahren langsam aber sicher flöten gegangen. Claire erreicht die Lichtung und erinnert sich daran, wie Ethan sie hierher brachte.

Ethan und Claire setzen sich auf einen Baumstamm und Ethan reicht Claire „Wasser“ aus einer Feldflasche. Claire bemerkt angewidert, das Wasser sei sauer. Was in dem Wasser wohl drin war? Bei den ganzen Spritzen, die er ihr setzt, hat er es wohl kaum nötig, ihr irgendetwas heimlich zu verabreichen. Vielleicht war es auch Weihwasser^^. Ethan wird langsam richtig sentimental in der Szene. Er weiß, was auf Claire zukommt und nimmt an, dass sie sterben wird. Darin liegt wohl die tiefere Bedeutung von: „I'm going to miss you. I wish… I wish you didn't have to go.“ („Ich werde dich vermissen. Ich wünschte.. ich wünschte, du müsstest nicht gehen.“) Aber genau wie Jacob legt Ethan darauf wert, dass Claire eine Wahl bleibt. Sie muss sich entscheiden und sie soll sich sicher sein.

Nach dem besten Szenenwechsel aller Zeiten, findet Claire dann den Stab und siehe da „im Führerbunker brennt noch Licht“ (wäre bis zur fünften Staffel noch eine unerhörte Anspielung gewesen.... ). Im Stab entdeckt Kate die Kostüme der Anderen und Claire findet in Aarons Zimmer in spe das kleine Babyschühchen, das sie für ihn gehäkelt oder gestrickt hat. Gleich bahnt sich der nächste Flash seinen Weg aus ihrem Gehirn auf meinen/euren/unseren Fernseher und wir sehen Alex, die Claire weckt, weil Daddy operieren will. Man sollte Ben und Juliet, die sicher genau wie Ethan unter den Ärzten im OP sind, allerdings keinen Vorwurf machen: sie haben schon zu viele Frauen sterben sehen, noch ehe das Kind alt genug war, um zu überleben. Wir wissen nicht einmal, ob Alex’ Behauptung, man wolle Claire umbringen, stimmt, denn letztlich verbessern sich Claires Chancen, zu überleben wohl eher, wenn das Kind geholt wird, ehe sie das gleiche Schicksal erleidet wie all die anderen Frauen vor ihr. Wie bereits gesagt: Darauf hoffen, dass Claire und Aaron überleben, weil das Kind fern der Insel gezeugt wurde, wäre nun wirklich riskant gewesen, auch wenn wir es mittlerweile besser wissen.

Claire führt Danielle in den OP, wo diese unnütz in der Gegend rumsteht (nachweislich ihre Lieblingsbeschäftigung), während Claire versucht den Medikamentenschrank hochzuheben. Sie ruft Kate um Hilfe, aber der Schrank stellt sich als leer heraus. Was für eine ungeheure Überraschung. Das war wirklich eine ähnlich unabsehbare Wendung wie... ach, hier kommen die 10 am wenigsten überraschenden Wendungen in der Geschichte von „Lost“ (ich hoffe ich bekomme überhaupt 10 zusammen):

Platz 10: Hurley hat heimlich Essen gebunkert

Platz 9: Charlie hat heimlich Drogen gebunkert

Platz 8: Sawyer hat nicht sehr heimlich....irgendwas anderes gebunkert^^

Platz 7: Locke war es, der Sayid niedergeknüppelt hat, als der den Funkturm lokalisieren wollte

Platz 6: Der Schrank ist leer (s.o.)

Platz 5: Michael ist Bens Spion auf dem Frachter

Platz 4: Jin lebt noch

Platz 3: Das Floß schafft es nicht von der Insel weg

Platz 2: Alexandra Linus ist Rousseaus Tochter

Platz 1: „Henry Gale“ ist ein Anderer

Tja, jetzt kommt noch so ein komischer Erinnerungs-Flashback, doch der enthält wenig nützliches oder aufschlussreiches bzw. zumindest nicht für das große Ganze. Was hier aufgedröselt wird befasst sich mehr mit Danielles Naturell und dem, was bei Claires Flucht passiert ist. Claire entschuldigt sich zumindest für die ungerechtfertigten Schuldzuweisungen auf ihre Art: „She wasn’t like the Others. She was good!“ („Sie war nicht wie die Anderen. Sie war gut!“) Vielleicht hat Daddy ihr auch nur nicht angetan, was ihm selbst angetan wurde: einen Besuch im Tempel.

Kommen wir nun aber endlich vom Stab zum Schwan und zu Ben, denn der steht im Mittelpunkt beider Nebenhandlungen, die sich im Schwan ereignen. Die eine kreist um John und Bücher, die andere um Mr. Eko.

Fangen wir mit Eko mal an, denn der verhält sich wirklich merkwürdig. Er geht in die Station, um sich eine Säge zu borgen und sieht durch einen Türspalt „Henrys“ Lager. Als er Jack anspricht, weiß er aber bereits, dass Jack und John da unten einen Mann festhalten und er will, wissen, wer „er“ ist. Er fragt nicht nach einer Person, sondern nach einem Mann. Wie kann er wissen, dass es ein Mann ist? Und warum will er unbedingt mit ihm sprechen? Wenn man mal drüber nachdenkt, fällt mir persönlich nur eine Lösung für dieses Problem ein: Eko hatte eine Vision, die ihm sagte, dass er Vergebung für seine Sünden, Absolution von diesem Mann bekommen könne. Denn eines ist klar: Eko beichtet bei Ben, will, dass der weiß, dass Eko bereut und wieder auf seinen Pfad zurückgelangt ist. Jacob wollte also, dass Eko Absolution erteilt wird von der einzigen Person, die einem Priester noch Absolution erteilen kann – so eine Art Beichthierarchie. Ben ist Jacobs Auserwählter, ein Märtyrer (bitte nicht verwechseln mit einem Mehrtürer – das ist ein Auto). In den nächsten Folgen spricht Ben mit Jack über genau dieses Thema und noch etwas später hängt er in der Waffenkammer wie Jesus am Kreuz. Für mich sind das auch Indizien dafür, dass Darlton mit diesem Charakter von Anfang an mehr vor hatten, als sie Preis gegeben haben oder zumindest schon damals in Erwägung zogen Ben in die letztendliche Richtung weiterzuentwickeln.

Zu guter letzt kommt dann noch das mit den Büchern. Bereits die Szene, in der Jack und John zu Ben in die Zelle/Waffenkammer/Gästezimmer kommen, ist sehr aussagekräftig: Jack, der Mann der Wissenschaft, bringt etwas zu essen und fragt, ob Ben auf Toilette müsse. John, der Mann des Glaubens, weiß, dass ein Mensch geistige Nahrung ebenso braucht wie materielle. Er bringt Ben ein Buch. Ein Buch von Dostojevski. „You don't have any Stephen King?“ („Ihr habt nicht zufällig irgendwas von Stephen King?“) An dieser Stelle: Schöne Grüße an, Adam, denn Ben würde „so was“ aufm Klo lesen.

Im Anschluss an den Gefangenenbesuch kommt es zur Auseinandersetzung zwischen John und Jack. Es geht um den „long term plan“ für den Ben einen erstklassigen Vorschlag hat: „Why don't you let me go?“ („Warum lasst ihr mich nicht einfach gehen?“)

Ehe ich jetzt darauf eingehe, wie Ben Johns eigene Geschichte über Hemingway und Dostojevski gegen ihn einsetzt. Sollten wir nicht nur für John die Frage stellen: „Are you the genius, or are you the guy who always feels like he's living in the shadow of a genius?“ („Bist du das Genie oder bist du der Typ, der sich stets fühlt, als lebe er im Schatten eines Genies?“) Ben weiß hier wohl wovon er redet, denn er ist nicht nur das Genie, in dessen Schatten so einige (nicht zuletzt John selbst) Leben, er ist vor allem anderem der Typ, der von sich selbst glaubt, im Schatten eines Genies zu leben, und dieses Genie spricht nicht einmal persönlich mit ihm. Und Jacob selbst? Gibt es ein Genie über ihm oder stehen vielleicht auch Jacob und „Samuel“ in eben diesem Verhältnis von Genie und Genie im Schatten des Genies? Alle Anführer bei „Lost“ könnten wir zueinander ins Verhältnis setzen und fragen, wer von zweien dann wer ist.

Und John? John merkt nicht einmal, dass nicht Jack das Genie ist, in dessen Schatten er lebt, sondern Ben. Er ist wütend auf sich, weil er sich von Ben verunsichern lässt und wütend auf Jack, weil er eifersüchtig auf ihn ist. Auf Ben kann er nur schwerlich wütend sein, denn der hat wie schon bei so vielen, auch bei John die Achillesverse gefunden. Ben hält John den Spiegel vor, wie er der ganzen Welt den Spiegel vorhält – er zeigt ihnen allen ihre Schwächen auf, kann sie gegen sie verwenden. Dabei bleibt er selbst aber sehr viel schwächer als seine Feinde wahrhaben wollen. Ben ist einsam und leidet selbst unter der Rolle, die Jacob ihm zugedacht hat und hält so nicht nur auch sich selbst sondern sogar Jacob den Spiegel vor.

Ein gutes Schlusswort! Frohe Weihnachten!

5 Kommentare:

  1. Wow, da haste uns mal ein Weihnachtsgeschenk gemacht! Respekt!
    Fange ich mal mit dem Schluss an. Wenn Ben wirklich die letzte Chance für Eko gewesen wäre, und Eko das sogar wusste, dann ist es schon sehr erstaunlich, dass man von Anfang da ankommen wollte, wo wir heute sind. Auch Suns Satz zeigt uns, dass die Autoren noch immer auf ihrem Weg sind. Aber das Sun nich auf der Insel verrückt wurdem, sondern schon vorher war wissen wir ja.
    Da hast aber echt paar gute Theorien rausgehauen. CR ist ausnahmsweise nicht der Ausnahmnesportler, sondern eine eigentlich so einfache Abkürzung, auf die man erstmal kommen muss. Was soll es ansonsten noch sein?
    Ich frage mich aber gerade, wieso du dir so sicher bist, dass neben Miles, Charlotte, Aaron und Ethan auch Dan auf der Insel geboren wurde? Wir wissen doch nur, dass er '77 noch nicht geboren wurde(oder war er dort nur nicht mehr auf der Insel?!). Dann wäre ja Charlotte paar Jährchen älter? Oder bringe ich da was durcheinander?

    Allen noch ein schönes Weihnachtsfest!

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  2. Sicher bin ich mir nicht, aber Darlton sagte ja, dass es ganz wichtig wäre, dass Daniel stirbt... würde also passen. Ich sagte ja: dieser ganze Abschnitt ist sehr hypothetisch, aber für mein Empfinden würde es erschreckend viel Sinn ergeben^^

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  3. Ich muss auch sagen, vor allem der Schluss war sehr gut. Der Rest natürlich auch, aber Ben ist halt einfach der Beste. Naja, jetzt mach ersmal bisschen frei und erhol dich, auf das wir schnell im neuen Jahr voran kommen.

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  4. Spät, aber noch nicht zu spät: Frohe Weihnachten!

    Zur Review: Super toll wie immer. Sehr gut hat mir Deine Interpretation von CR gefallen.;-)
    Glaubt ihr sie hätten Claire auf dem OP-Tisch mit Absicht sterben lassen oder einfach abgewartet und wenn sie überlebt, sie zur Gruppe zurück geschickt?

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  5. Letzteres. Hätten sie Claire nicht auch retten wollen, hätten sie mit der OP noch länger warten können. Aus Sicht der Anderen sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit der Mutter je später man operiert, wobei gleichhzeitig ja die Überlebenschancen des Kindes steigen. Ich schätze mal, dass Alex' Behauptung, man wolle Claire töten, einzig und allein dem Zweck diente, die Anderen für den Zuschauer bedrohlich zu halten. Denn im Endergebnis haben sie ja nie versucht Claire zu schaden. Hätten sie vorgehabt Claire in jedem Fall zu töten, hätten sie sich nicht diese Mühe machen müssen. Da hätte man sie auch aufm OP-Tisch festschnallen könne, bis man das Baby holt.
    Hinzukommt dass Alex als pubertierende Teeagerin mit einem Kontrollfreak als Vater alles versucht, um ihn (also Ben) zu verärgern. Ich glaube vieles, was Alex tut, ist auch durch die Rebellion gegen ihren Vater motiviert. Was Ben und Juliet in Wahrheit bezweckt haben, hat Alex wohl nie verstanden und auch gar nicht verstehen wollen. Alex macht sich die Welt gerne einfacher als sie ist... Aber mit Ben als Vater ist es nicht s einfach, wenn man Menschen gerne in ein Schwarz-Weiß-Muster eingliedert, denn Ben ist nun einmal die personifizierte moralische Grauzone.

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