Mittwoch, 31. März 2010

Erste Eindrücke zu "The Package"

Okay, mir fällt gerade kein Zitat oder ein flotter Spruch für die Überschrift ein, aber es geht wohl auch mal ohne. Tja, was soll man sagen: Wir sind wohl wirklich nur noch schwerlich zu überraschen. Die Folge war nicht schlecht, aber die großen Enthüllungen waren für uns schon keine mehr. Dass Desmond in dem U-Boot ist, haben die meisten von uns gemutmaßt. Ebenso war eigentlich schon klar, wieso Jin in dem Kühlraum endete. Ich schätze mal, Darlton sind derzeit einfach dabei, ihre Figuren für das große Finale zu platzieren, und da müssen wir halt etwas Geduld aufbringen. Da ich von Sun-zentrischen Folgen eh' nie sehr viel erwarte, war ich auch nicht enttäuscht. Es war ganz schön, Mikhail nochmal wiederzusehen und es war ebenfalls nett, endlich mal wieder eine Folge mit allen verbleibenden Hauptcharakteren zu sehen zu bekommen. Nichtsdestotrotz rangiert die Folge für mich auf den unteren drei Rängen dieser Staffel (zusammen mit "Recon" und "What Kate Does"). Die sechste Staffel teilt sich wohl wirklich in Enthüllungs- ("LA X", "The Substitute", "Lighthouse", "Ab Aeterno") und Vorbereitungsfolgen ("What Kate Does", "Sundown", "Dr Linus", "Recon", "The Package") auf. In der letzten Kategorie konnten mich nur "Sundown" und "Dr. Linus" wirklich überzeugen - die anderen drei verbucht am besten unter notwendiges Übel^^.

Sonntag, 28. März 2010

„Quis custodiet custodes?“ - "Ab Aeterno"-Review

Ich muss gestehen, dass ich in weiten Teilen der Folge nur Spanisch verstanden habe. Aber zum Glück gibt’s ja Untertitel. „Ab Aeterno“ ist endlich mal eine Folge, die mehr Antworten birgt als neue Fragen. Außerdem gab es endlich mal wieder Flashbacks und die gleich zu drei Charakteren, die bislang allenfalls in Flashbacks von Jacob, Ben, Sayid oder Juliet auftauchten, selbst aber noch keine hatten: Ilana, Richard und „Samuel“/MiB. Klar, im Zentrum steht Richard und das sogar buchstäblich, denn seine überaus lange Rückblende wird von Ilanas und „Samuels“ eingerahmt.

Ilanas Rückblende und die Szene am Strand dienen aber vor allem als Einleitung für die Geschichte um Richard. Neue Fragen stellen sich hier nicht – es werden nur alte wieder aufgeworfen: Woher kennen sich Jacob und Ilana? Wer ist der sechste Kandidat? Und so weiter... .

Richard verlässt den Strand und will nun zu „Samuel“, weil er sich von dem Antworten erhofft und prompt sind wir in der Rückblende, denn alles andere, was in der Gegenwart passiert, macht erst Sinn analysiert zu werden, wenn wir Richards Rückblende unter die Lupe genommen haben.

Socorro, Teneriffa, Kanarische Insel, 1867: Ricardo ist auf dem Ritt nach Hause zu seiner kranken Frau, die ihm, als er zuhause ist und wieder aufbrechen will, um einen Arzt um Hilfe zu bitten, eine Kette mit einem Kreuz gibt, mit der er den Arzt bezahlen soll. Der Mediziner verweigert Ricardo die Hilfe, denn die Kette sei nichts wert und so reiche sein Geld auch mit ihr zusammen nicht für die Medizin. Wie Desmond am 22.9.2004 auf der Insel tötet auch Ricardo in einer Handgreiflichkeit seinen Gegner versehentlich, indem er ihn von sich wegstößt und jener eine tödliche Kopfverletzung erleidet. Das ist aber nicht die einzige Parallele zu Flashbacks anderer Charaktere. Richard tötet jemanden, um einen Menschen zu retten, der ihm am Herzen liegt. Viele Hauptcharaktere schadeten in ihrer Vergangenheit jemandem (oder etwas), um so Schaden von einem geliebten Menschen abzuhalten: Eko mordet, weil er so Yemi schützen kann. Ben verängstigt Danielle, um so sie und Alex zu retten. Sayid dreht einem Huhn den Hals um, damit sein Bruder es nicht machen musste. Im Glauben so ihrer Mutter zu helfen, jagt Kate deren Haus und Wayne in die Luft.

Im Fall von Isabella kommt jedoch jede Hilfe zu spät und so könnte man fast sagen: Ricardo landet umsonst im Gefängnis. Ich habe ja, als Richard dann im Knast war, jeden Moment damit gerechnet, dass Jacob um die Ecke kommt und ihm ein Angebot macht, dass er nicht ablehnen kann. Es stellt sich aber schon die Frage, warum Vater Suarez Ricardo die Absolution verweigert, denn das ist schon sehr ungewöhnlich – erstrecht, wenn der Beichtende kurz davor steht zu sterben und offen bereut. Aber es kommt ja immer anders und vor allem als man denkt: Das Lukas-Evangelium, welches Ricardo auf Englisch liest (eine Parallele zu Jin und Sun, die auch in die USA fliehen wollten – Sun lernte wie Ricardo Englisch), rettet ihm in gewisser Weise das Leben und er landet letztlich als Sklave im Besitz von Jonas Whitfield an Bord der Black Rock, für deren Kapitän Magnus Hanso Whitfield arbeitet. Muss ich jetzt erklären, wer Magnus Hanso ist? Ich glaub nicht, oder? Kleiner Tipp: er ist der Opa von Alvar Hanso^^. Wie Furya bin ich übrigens der Ansicht, dass wir Hanso aus gutem Grund nicht zu sehen bekamen. Ich denke, dass uns sein Gesicht bekannt vorgekommen wäre und es sich um jemanden handelt, der von großer Bedeutung für die Mythologie ist. Ich hatte ja schon mal Christian und Desmond in die Runde geworfen, denn mit Christian ist wohl wirklich noch irgendein Mysterium verknüpft und laut Daniel gelten für Desmond „die Regeln“ nicht, weshalb er noch ein „Loophole“ sein könnte. Ich musste aber auch an Charles Widmore denken, denn dessen genaue Herkunft ist unbekannt, er ist Brite, hatte Interesse an dem Logbuch des ersten Maats, hat geschäftliche Verbindungen zu Hanso Foundation und hat so seine Probleme mit Richard – könnte Jacob oder MiB ihn wiederbelebt haben?

Ganz interessant ist auch, dass der Offizier Jonas heißt... also ich hätte mit dem Vornamen zumindest so meine Probleme mit ausgedehnten Schiffsreisen. Man weiß ja nie, wo sich diese Wale so rumtrieben.

Mein persönlicher Kritikpunkt an diesem Teil von Richards Geschichte kennt ihr schon: Ich empfinde ihn als etwas konstruiert. Die Macher waren sich darüber bewusst, dass unter normalen Umständen ein Mann spanischer Abstammung/ ein Hispanier im 19. Jahrhundert nie als Sklave auf einem Schiff unter europäischer oder amerikanischer Flagge gelandet wäre (in den englischen Kolonien war die Sklaverei seit über 30 Jahren verboten, in den Staaten ab 1865). Viele Fans glaubten aber genau das oder wollten es gerne glauben. Also konstruieren Darlton eine Geschichte, in der es von komischen Zufällen nur so wimmelt und das obwohl Jacob nirgendwo eingreift. Nein, wir erfahren sogar, dass es Richard ist, der Jacob rät, aktiv zu werden und mehr zu tun, als nur Schiffe auf die Insel zu locken und dann abzuwarten, ob sich die Überlebenden die Köppe einschlagen – aber dazu später mehr. „Mehr“/„Meer“ ist aber ein gutes Stichwort:

Auf hoher See gerät die Black Rock des Nachts in einen ziemlich heftigen Sturm und neben Wasser regnet es jetzt auch Ungereimtheiten:

1. In „The Constant“ sagt der Auktionator, die Black Rock sei 1845 auf dem Weg nach Siam verschollen, doch jetzt stellt sich heraus: es war 1867 auf dem Weg in die Staaten.

2. Als Jacob und „Samuel“ die Ankunft der Black Rock beobachten ist es früh am Morgen und die See ist ruhig. Aus Jacobs Äußerungen kann man schließen, dass die Black Rock nicht das erste Schiff ist, das er zur Insel gelotst hat (die Szene mit Jacob und MiB muss vor Ankunft der Black Rock spielen, da die Statue noch intakt ist), weshalb man argumentieren könnte: Dann war es halt ein anderes Schiff, das wir in „The Incident“ gesehen haben. Bei genauerem Überlegen schmeckt mir die Idee aber auch nicht so recht, denn: Wo ist dann das Wrack dieses anderen Schiffes? Man müsste doch zumindest bei Ricardos Ankunft an der Statue noch irgendetwas von diesem Schiff sehen, das wohl kaum erst um die Insel rumfährt, ehe es anlandet oder zerschellt. Da das Schiff ähnlicher Bauart war wie die Black Rock kann es noch nicht so lange her sein, dass es auf die Insel kam.

3. Ein Tsunami ist eine relativ gleichmäßige Welle, die durch ein Seebeben oder abbrechende Landmassen (Klippenabbruch) verursacht wird. Ferner erreicht ein Tsunami erst in der Nähe von Festland, also im niedrigen Wasser der Küstenregionen, diese enormen Höhen, die wir aus Nachrichten und Katastrophenfilmen kennen. Hier sehen wir jedoch einen Sturm und der kann weder Wellen dieser Ausmaße erzeugen (laut Wikipedia: maximal 40m), die ein Schiff Kilometer landeinwärts schleudern, noch eine Statue vernichten – damit sind wir bei Punkt Nummer 4:

4. Die Statue geht als starres Objekt kaputt, weil ein Holzschiff dagegen geschleudert wird? Die Statue steht da seit Jahrtausenden und hat Wind und Wetter getrotzt. Sie ist aus massivem Gestein und ein Segelschiff, das gegen den Kopf geschleudert wird, würde daran zerschellen und nicht die ganze Statue (bis auf den Fuß) abreisen. Und schon gar nicht würde diese Monsterwelle die Statue vernichten, aber alles andere heil lassen. Sorry, Darlton, aber DAS kauf ich euch nicht ab.

Und ich weiß schon jetzt, dass einige von euch sagen werden: „Wie kann man sich in einer Serie, in der ganze Inseln durch Raum und Zeit reisen und Leute mit Toten kommunizieren, an so etwas stören?“ Ganz einfach: Das Rad, Jacob, Das Rauchmonster, der Schwan etc. – all das ist Teil der Mythologie, es passt sich glaubhaft und logisch in die Handlung ein. Andere werden meinen: „Solche Fehler passieren halt. Warst du es nicht, der ich letztens noch über Pingelköpfe, die überall nach Fehlern Ausschau halten, beschwert hat?“ Ja, der war ich und ich suche bei „Lost“ auch keine Fehler und finde Leute grauenvoll, die gezielt Fehler suchen. Aber das ist der springende Punkt.·.·.·. Den Fehler musste ich nicht suchen, denn er war so offenkundig da, dass er mich stört. Hier werden zwei der wichtigsten offenen Fragen zur Geschichte der Insel mit einer völlig hanebüchenen, unlogischen und unglaubwürdigen Erklärung aufgelöst. Sorry, Darlton, aber das war einfach albern und unter eurem Niveau! Das könnt ihr – wie wir alle wissen – tausendmal besser!

Also liegt die Black Rock nun im Dschungel – so kennen wir sie schließlich auch. Aus den Gesprächen an Deck, die Ricardo mithört, erschließt sich, dass Hanso bereits tot ist. Die vier gefangenen Sklaven rufen um Hilfe, doch als Jonas runterkommt, macht er kurzen Prozess und sticht drei von ihnen kaltblütig ab, weil er sich – wie er Ricardo erklärt – sicher ist, die Sklaven würden sich rächen, wenn er sie befreien würde. Ganz abgesehen davon hätten sie nicht die Ressourcen. In gewisser Weise denkt er daher wohl auch, dass er so allen Beteiligten einiges erspart, denn so gesehen ist es zumindest humaner, den Sklaven einen schnellen Tod zu bescheren als sie qualvoll verdursten zu lassen, was zu dieser Zeit wohl die meisten an Jonas’ Statt getan hätten. Jonas ist kein Unmensch – er ist einfach nur Realist. Ach, und er ist ziemlich bald darauf tot, denn ein alter Bekannter macht seine Aufwartung, ehe Jonas auch Ricardo „erlösen“ kann. Smokey killt alle bis auf einen: Ricardo, denn den scannt er nur auf die übliche Weise und verlässt ihn – vorerst!

Nachdem er sich als Mischung aus Tim Taylor und Houdini probiert und mit einem Wildschwein gerungen hat, erscheint Ricardo jemand, der eigentlich tot ist und obendrein nicht auf der Insel starb und dessen Leiche sich auch nicht auf ihr befindet: Isabella. Kommt euch das auch so bekannt vor – Stichwort: Emily Linus? Isabella redet Ricardo ein, er sei tot und in der Hölle und da draußen laufe der leibhaftige Teufel rum und sie habe ihm in die Augen gesehen und alles, was sie sah, war das Böse. Wer ist nun diese Erscheinung? Der Mann in Schwarz? Denkbar, wenn auch problematisch, denn diese Annahme hat doch den ein oder anderen Haken:

1. Bislang nahm er nur die Form von Menschen an, deren Leiche sich auf der Insel befand: Yemi, Alex, Locke und womöglich Christian. Alles andere wurde nie bestätigt (siehe unter 2)

2. Das Rauchmonster kann sich zwar aufteilen („Left behind“), doch das scheint nur solange zu gelten wie es keine menschliche Form annimmt (siehe Bens Treffen mit ihm in „Dead is Dead“, Lockes Erscheinen bei Ben in „Dr. Linus“ oder bei Sayid in „Sundown“), doch wir hören Smokey draußen wüten, während Isabella noch bei Ricardo ist. Okay, ich hör jetzt schon wieder Anis Ben Amor, der in einem künstlichen Husten versteckt „Preis des Lebens“ prustet... also gut: es scheint, als hätte MiB einmal mehrere Gestalten angenommen, doch auch hier fehlt der Beweis, dass es wirklich MiB ist und nicht eine Halluznation oder eine andere Entität war. Das Problem ist einfach: Bei Alex, John und dem Rauch in „Dead is Dead“ wissen wir, dass alle drei MiB waren und da scheint er als Rauch zwar Menschen aus der Vergangenheit projizieren zu können, doch wirklich ihre Gestalt annehmen und in diesen Handeln kann er nicht.

3. Als Isabella erscheint hat sie fast so etwas wie eine Aura um sich, was mich doch sehr an Lockes Äußerung über sein Erlebnis in „Walkabout“ oder den Jungen im Wald erinnert. Klar kann an dem Lichtkegel liegen, in dem sie steht, aber ihre Erscheinung hat dennoch etwas Transzendales an sich.

Doch Jacob würde ich gänzlich ausschließen:

1. Diese Art der Manipulation passt nicht zu ihm.

2. Bislang gibt es keinen Hinweis dafür, dass Jacob eine andere Gestalt annehmen könnte.

3. Er sagt Ricardo, er würde sich nicht einmischen.

4. Warum sollte er Ricardo erzählen er sei tot und in der Hölle, wenn er ihn später eindringlich vom Gegenteil überzeugt.

5. Jacob scheint doch überrascht, als Ricardo am Strand aufkreuzt.

Wer also ist dieses Wesen, das sich hier als Isabella ausgibt? Es muss einfach eine dritte Kraft auf der Insel geben, denn weder Emily noch Isabella oder der Junge im Wald lassen sich durch Smokey und/oder Jacob gänzlich erklären. Oder sagen wir so: Jede Erklärung würde viele Wenn’s und Aber’s enthalten und ich halte es hier einfach mal mit Ockhams Rasiermesser.

Als nächstes taucht „Samuel“ selbst bei Ricardo auf, festigt dessen Glauben, dass die Insel die Hölle und er tot sei, und befreit ihn mit den Worten: „It's good to see you out of those chains.“ Das erklär ich auch nicht weiter, denn jedem, der da keinen Aha-Effekt hatte, ist nicht mehr zu helfen.

Ricardo kommt nun also ins Gespräch mit dem Mann in Schwarz, der ihn dazu überredet, Jacob aufzusuchen und umzubringen. Die drei Gespräche – sowohl die zwischen Ricardo und MiB bzw. Jacob als auch das zwischen Jacob und MiB selbst – laufen für uns als Zuschauer auf drei Ebenen ab: Handlungsebene, Informationsebene und Subtextebene. Die Handlungsebene ist ziemlich offenkundig: sowohl MiB als auch Jacob versuchen Ricardo auf ihre Seite zu zeihen und den anderen als (vermeintlichen) Lügner zu entlarven. MiB möchte, dass Ricardo Jacob in dem Glauben, er sei der Teufel und habe Isabella verschleppt, tötet. Hierbei gibt er Ricardo den gleichen Rat, den Dogen Sayid gab, als der MiB töten sollte: Er dürfe ihn unter keinen Umständen sprechen lassen, sondern müsse ihn zuvor mit einem Messer töten. Merkwürdig, nicht wahr? Mit Ben hat Jacob gesprochen und dennoch hat der ihn getötet. Jacob wiederum streitet die Unterstellungen Ricardos ab und „tauft“ ihn etwas unsanft, um ihn davon zu überzeugen, dass er lebt. Danach klärt er ihn über den Stand der Dinge auf und bietet ihm einen Job an. Später treffen sich MiB und Jacob – hier findet letztlich nicht wirklich viel Handlung statt – die zwei machen einfach reinen Tisch miteinander.

Soweit die Handlungen – doch viel interessanter sind die anderen zwei Ebenen. Ich teile die Informationen, die wir erhalten, und die zugehörigen Analysen mal in Gruppen auf, um es etwas übersichtlicher zu gestalten:

Informationen über MiB:

1. Von ihm selbst: Er gibt zu, er sei der schwarze Rauch. Ferner gibt er auch Ricardo gegenüber vor, Jacob habe ihn betrogen, ihm seine Menschlichkeit und seinen Körper genommen. MiB will die Insel verlassen und braucht Ricardos Hilfe dabei.

2. Von Jacob: Jacob sagt, der Mann in Schwarz glaube, dass jeder Mensch korrumpierbar sei und es in seiner Natur liege, zu sündigen („That man who sent you to kill me believes that everyone is corruptable because it's in their very nature to sin.“) Dieser Information können wir vertrauen, denn es entspricht exakt dem, was MiB gegenüber Jacob selbst sagt („They come, they fight, they destroy, they corrupt – it always ends the same“). Letztlich widerspricht das der Annahme, dass MiB böse wäre, denn dann würde ihn das Böse an den Menschen nicht stören. Er hält die Menschen aber für unmoralisch, egoistisch und destruktiv. Wenn der Korken aus der Flasche gezogen würde, wäre das Böse entfesselt und MiB könnte beweisen, dass die Menschen alle korrumpierbar sind, wenn keiner von ihnen dem Bösen widerstehen könnte. Anders als Jacob greift er aktiv ein, wie Ricardo richtig feststellt, aber MiB kann das auch, denn er will ja nicht beweisen, dass die Menschen nie gut handeln, sondern nur, dass jeder von ihnen sündigt, wenn die Situation es erfordert und Ricardo ist da ein ideales Versuchsobjekt, denn er tat etwas, von dem er selbst MiB gegenüber sagt, dass er weiß, dass es falsch ist/war, um Isabella zu retten: er hat gemordet.

3. Als Subtext aus den Handlungen und Gesprächen der beiden miteinander: Er bittet stets, lässt die Wahl und gibt keine Anweisungen – passt eher zu Jacob, oder? Ebenso passen auch der Vorwurf „der Teufel“ habe ihm seinen Körper geraubt und der Deal mit Dogen, von dem der Sayid erzählte, eher zu „Samuel“ als zu Jacob. So unwahrscheinlich es auch ist, so würde ich mich ärgern, diese Hypothese nicht in den Raum gestellt zu haben: Hat MiB Jacobs Körper genommen und ihn in seinem eingeschlossen? Ich wüsste auch noch nicht wie sich das ins große Ganze einfügen sollte, aber der Verdacht liegt nahe.

Zurück zu dem, was wir über MiB aus dem Subtext erfahren: Er will die Insel verlassen und zwar um jeden Preis, selbst wenn er dafür Jacob und alle Kandidaten töten muss – das Problem: er selbst kann nicht Hand an sie legen. Warum aber hält Jacob ihn fest? Es scheint weniger so zu sein, dass der Mann in Schwarz gehen will, um die Menschen zu korrumpieren und ihnen zu schaden. Er klingt mehr wie jemand, der das alles einfach leid ist. Er hat schlichtweg keinen Bock mehr, Babysitter für die Insel zu spielen. So langsam glaub ich deshalb auch, dass MiB die Insel beschützen soll und Jacob wiederum aufpasst, dass er genau dieser Aufgabe auch nachkommt: „Quis autem custodiat ipsos custodes?“ (Juvenal) = „Wer aber soll die Bewacher selbst bewachen?“ Auch bekannt als: „Quis custodiet custodes?“ oder Englisch: „Who watches the Watchmen?“

Eine andere Möglichkeit wäre noch, dass MiB tatsächlich die Inkanation alles Bösen ist und sein Zuhause nur erreichen kann, wenn er zuvor die Flasche öffnet oder den Korken in ihr versenkt.

Informationen über Jacob:

1. Von MiB: MiB behauptet von Jacob, er sei der Teufel und habe ihn, also MiB, ausgetrickst, ihm Körper und Menschlichkeit genommen und hielte ihn hier in der Hölle fest. Auch gibt er vor, gesehen zu haben, wie Jacob Isabella verschleppte. Als Ricardo nach seinem Treffen mit Jacob zu „Samuel“ zurückkehrt, gesteht dieser Ricardo zu, Jacob könne sehr überzeugend sein („I understand. He can be very ... convincing.“).

2. Von Jacob selbst: Jacob stellt sich Ricardo mit seinem Namen vor. Er erklärt Ricardo die Insel (s.u.) am Beispiel einer Weinflasche (s.u.) und offenbart, dass er Menschen – so wie auch Ricardo und die Crew der Black Rock – auf die Insel hole, um zu beweisen, dass MiB falsch liege. Will er das beweisen, kann er nicht eingreifen, denn Sinn und Zweck des Unterfangens ist es ja, die Menschen an einen Ort zu bringen, wo sie ohne jegliche gesellschaftliche und rechtliche Normen und Vorgaben neu beginnen können. Auf der Insel ist man einzig und allein dem eigenen Gewissen verpflichtet und so zeigt sich, wie die Menschen wirklich sind. Sobald Jacob ihnen sagen würde, was sie zu tun und zu lassen haben, wäre wieder eine höhere Macht/Autorität da, die alles regelt. Jacob stupst die Menschen zwar mal an, um sie auf die Insel zu bringen, aber dort angekommen, sehen die Menschen ihn – mit Ausnahme von Richard – nicht wieder. Hat er deshalb zugelassen, dass „Samuel“ ihn tötet, weil er erkannt hat, dass er nur gewinnen kann, wenn er gar nichts mehr beeinflusst und die Menschen aus eigenem Antrieb den Versuchungen „Samuels“ widerstehen? Jacob nimmt eine Funktion wie Gott ein: Er ist da, lässt den Menschen aber den freien Willen. Er sagt niemandem, was er zu tun oder zu lassen hat. Dann wäre MiB der Satan (im talmudischen und nicht im christlichen Sinne), denn er verführt die Menschen, will belegen, dass sie böse sind.

3. Als Subtext aus den Handlungen und Gesprächen der beiden miteinander: Jacob ist da, damit MiB nicht gehen kann. Anscheinend verhindert er damit aber auch, dass der Korken aus der Flasche fliegt, also dass das Böse entfesselt wird. Wie schon gesagt: „Quis custodiet custodes?“ Jacob scheint, keinen direkten Einfluss auf den Korken auszuüben, sondern lediglich indirekt über die Kontrolle über „Samuel“ den Wein am Entfleuchen zu hindern. Außerdem erfahren wir über Jacob durch sein Handeln, dass er, wäre er nicht Inselhüter geworden, auch eine Karriere als Kickboxer hätte anstreben können.

Informationen über die Insel:

1. Von MiB: Die Insel selbst ist – laut MiB – die Hölle und somit ein Gefängnis. Der Teufel (Jacob) ist der Gefängniswärter, der MiB nun hier festhält. Aussagen wie „alle sind tot“ und „die Insel ist die Hölle“ haben wir schon allzu oft gehört – nur komisch, dass wir sie nun ausgerechnet von Ricardo zu hören bekommen, was wohl beweist, wie erschüttert sein Glauben in Jacob ist.

2. Von Jacob: Laut Jacob ist die Insel selbst nicht die Hölle, sondern der Hölle nur sehr nahe, da sie die letzte Bastion vor der Welt des Chaos ist. Der Vergleich mit dem Wein brachte mich aber wieder auf einen Gedanken zurück, den ich vor langer Zeit schon hatte: Die Alten Ägypter gingen ja davon aus, dass vor allem anderen das chaotische Gewässer Nun, der Urozean, existierte, der dann von Atum an den Rand aller Existenz verdrängt wurde, als er die Welt schuf. Diese Schöpfung beginnt mit einer Insel: dem Urhügel, der sich als Erstes aus den Tiefen des Nun erhob. Und jetzt denkt mal an den Tempel zurück: Über dem Heilquell steht in Hieroglyphen „das urzeitliche Wasser des Nun“ und dieses Wasser verfärbt sich nach Jacobs Tod, wird trübe. Hat der Korken mit Jacobs Tod ein Leck und das Chaos des Nun beginnt hinauszuströmen? Dann wäre da noch das Relief unter dem Tempel mit dem Rauchmonster und Anubis. Meine Theorie wäre daher nun folgende: Die Insel ist der Urhügel, der sich aus Nun erhob bzw. von Atum erhoben wurde. Hier befindet sich der Eingang zurück in die Welt des Chaos, in die Unterwelt, Hölle, Duat, Thartaros, Nun – nennt es wie ihr wollt – und deshalb muss der Hügel bewacht werden. Die Frage ist nur, ob Jacob nun selbst Anubis ist oder dessen Nachfolger (wer sagt uns, dass vor Jacob nicht schon andere diesen Job hatten, wenn auch er ersetzt werden kann). Oder ist das Monster Anubis und Jacob ist Atum/Ra, der in verpflichtete, zu wachen?

3. Als Subtext aus... na, ihr wisst schon: Auch wenn Jacob es nie so direkt ausspricht, so scheint die Insel doch, eine Art Testgelände oder Spielfeld zu sein.

4. Aus Ricardos eigenen Erlebnissen und Erkenntnissen: Ricardo hat dem Mann in Schwarz wohl nie gänzlich geglaubt, sonst hätte er bei Jacob nicht solche Angst gehabt, sterben zu können. Aber ihm ist auch klar, dass die Insel ein ungewöhnlicher Ort ist und hier Dinge jenseits der Vorstellungskraft geschehen. Er steht nur vor dem selben Dilemma wie wir auch: Wem glaube ich? Um es mit den Worten von Volker Pispers zu sagen: „Die können nicht beide Recht haben. Aber sie können beide Unrecht haben – das ist es, was mich dann wiederum beruhigt!“

Sonstiges:

1. Der Stein: Unser guter alter Inside-Joke. So ganz hat noch keiner kapiert, was das sollte – vermutlich nicht einmal Jacob und „Samuel“ selbst^^ Nein, natürlich wissen die, was das zu bedeuten hat und vielleicht stehen diese Steine ja nicht nur für Jacob oder „Samuel“ als Individuen. Der weiße Stein könnte einfach für Jacobs Position stehen. Unklar sind in diesem Zusammenhang auch immer noch die Herkunft von Adam und Eva und die Bedeutung der Steine bei den beiden. Zumindest symbolisiert der weiße Stein wohl Jacob (oder zumindest seine Position) und der schwarze MiB. Als Ricardo MiB den weißen Stein gibt, soll ihn das wohl an irgendetwas erinnern. Aber was? Ganz ehrlich: ich habe keine Ahnung.

2. Der Wein: Muss ich jemandem die symbolische Bedeutung von Wein erklären? Sagen wir mal so: auf Hochzeiten ist Jacob mit seiner Wein-Story der absolute Bringer ;-). Nur erinnert der Wein in dieser alten Flasche mich wie schon gesagt auch an den Heilquell im Tempel. Unklar ist, woher MiB die symbolische Bedeutung des Weins kennt, wenn er die Flasche am Ende der Folge zerschmettert.

3. Die Gabe: Jacob lügt Ricardo scheinbar nicht an, doch wirkt es etwas verwunderlich, dass er angeblich nicht im Stande ist, ihm Isabella zurückzugeben, denn bei Dogens Sohn und Locke schien das ja geklappt zu haben. Auch kann er ihm keine Absolution erteilen, was daran liegen könnte, dass Ricardo – wie Jacob kurz zuvor andeutet – auf der Insel frei von Sünde ist und einen Neuanfang geschenkt bekommt. Auf der Insel wird man automatisch eine Tabula Rasa. Letztlich deutet aber vieles daraufhin, dass Jacob Ricardo diese Wünsche gar nicht erfüllen will, sondern er auf den dritten Wunsch wartet, mit dem er Ricardo an sich bindet – das nenn’ ich Ben’sche Verhandlungsstrategie.

4. Schicksal gegen freier Wille: Sowohl Jacob als auch „Samuel“ weisen immer wieder auf die Wahlmöglichkeiten hin. Es ist also ganz offenkundig von entscheidender Bedeutung, dass sie zwar lenken und manipulieren, jedoch niemanden zu etwas zwingen dürfen.

5. Einmischung und Nichteinmischung: Hier kommt wieder das Gott-Satan-Motiv sehr klar zum Vorschein. Gott agiert über Boten (Engel) und Satan greift selbst ins Geschehen ein, um die Menschen zu prüfen, was er teilweise sogar in Gottes Auftrag tut. Jacob hat auch seine Boten/Engel: Ben agiert wie Michael – er ist Jacobs oberster Vollstrecker und führt jeden Auftrag gewissenhaft aus, ohne ihn zu hinterfragen. Richard (und später Hurley) nimmt im weitesten Sinne die Rolle Gabriels ein und fungiert als Gottes Mittler zwischen ihm und den Menschen oder anderen Engeln/Boten. Ilanas Aufgabe ist es zu beschützen, was sie mit Raphael vergleichbar macht. MiB wiederum ist der gefallene Engel, welcher sich von Gott/Jacob betrogen fühlt und ihm beweisen will, dass die Menschen schlecht sind.

6. Magic Box: Die fiel mir gerade wieder ein, denn irgendwie sind Jacob und MiB ja genau das, was Ben mit seiner „Magic Box“ beschreibt: Man wünscht sich etwas und es wird wahr.

So, ich denke bezüglich der Flashbacks war es das im Wesentlichen. Bliebe noch Richards Wanderschaft zu jenem Lagerplatz, wo er einst Isabellas Kette, die MiB ihm zurück gab, vergraben hat. Er will das Angebot, das er bereits zweimal ausschlug, nun doch annehmen. Doch vor MiB erscheint Hurley auf der Bildfläche. Der hat sich schon am Strand mit jemandem auf Spanisch unterhalten. Jack nahm an, es wäre Jacob, doch wie wir nun erfahren war es – Surprise! Surprise!: Isabella. Wo ich gerade den Anfang des Transcripts noch mal lese: Irgendwie komisch, dass ausgerechnet Jack meint, Richard habe den Verstand verloren... wer im Glashaus sitzt...ihr wisst schon.

Zumindest sagt Hurley Ricardo alles, was Isabella so sagt und fungiert dabei als Dolmetscher für uns und Medium für Isabella und Richard zugleich. Doch dann erklärt Hurley, sollte Richard keinen Weg finden, den Mann in Schwarz aufzuhalten, werden alle zur Hölle fahren.

Und mit dieser herrlich morbiden Vorstellung verabschiede ich mich für diese Woche erst mal. Schönen Sonntag! Jenen unter euch, für die das zutrifft, wünsche ich ferner schöne Osterferien!

Namaste!