What Kate Did:
Ja, jetzt bin ich mal wieder selbst am Drücker. Nach den ersten beiden sehr ordentlichen Gastbeiträgen von Elli, kümmer’ ich mich jetzt um das, was Kate getan hat. Allerdings hat Kate verdammt viel getan und dementsprechend sieht auch mein Notizheft aus: voll, voll, voll... . Da darf man keine Zeit verlieren. Die Episode beginnt aber nicht einmal mit Kate, sondern mit Jin. Wir wollen hier nicht ins Detail gehen, denn wie Hurley erkennen wir auch so: Ji-Yeon ist nun unterwegs. Jetzt hab ich es sogar geschafft das Kind nicht beim Namen zu nennen, indem ich das Kind beim Namen nenne. Wieso ist es aber von Bedeutung, dass in dieser Nacht höchstwahrscheinlich Ji-Yeon gezeugt wurde? Ganz einfach: Zeitgleich hebt Sayid Shannons Grab aus. Noch eindeutiger wurde der Gegensatz zwischen Leben und Tod nur in „Schade nicht“ aufgebaut.
Sawyer wird derweil von Jack umsorgt und nennt bei seiner Frage nach Kate das Kind zwar nicht beim Namen, aber das muss er auch nicht: „Where is she?“ („Wo ist sie?“) reicht. Jack weiß sofort, dass es um Kate geht, vermutlich weil er eine vergleichbare Frage auch täglich stellt. Also „Where’s Kate?“ Kate klettert mal wieder auf Bäumen rum und sammelt Obst – ich spare mir hier niveaulose Kalauer über Pferdeäpfel. Doch dann taucht Kate ihr Pferd auf. Wenn man es sich recht überlegt, ist das jetzt aber nichts so verwunderliches, oder? Hätte das Pferd nun vor ’ne Apotheke gekotzt oder aufm Flur gestanden, okay, das wäre zugegebenermaßen merkwürdig. Aber Fury steht nur so da und glotzt Löcher in die Luft (jetzt wissen wir auch, warum es sich mit Kate so gut versteht: sie haben das gleiche Hobby). Muss dieses Pferd denn eine übernatürliche Erscheinung sein? Wir wissen mittlerweile, dass es Pferde auf der Insel gibt: Die Feinde haben sie zur Fortbewegung genutzt. Zwischen Rindern, Kaninchen, Hunden, Hurley-Vögeln, schwergestörten Giraffen, Eisbären, Wildschweinen, Spinnen, Fröschen, Haien, Hühnern und dem berühmtberüchtigten Elefanten im Raum soll uns ein Pferd noch wundern? Man sollte zumindest in Betracht ziehen, dass die einzig übernatürliche Kraft, die hier am Werk ist, das Schicksal ist und nicht die Insel, Jacob, Smokey und/oder „Samuel“ (wobei die letzten beiden vermutlich eh’ ein- und derselbe sind). Natürlich will ich nichts ausschließen, aber man sollte die Möglichkeit, dass dieses Pferd einfach nur ein Pferd ist, genauso wenig ausschließen wie das Gegenteil.
Doch wieso das Pferd für Kate nun wichtig ist, erfährt der Zuschauer ja erst viel später. In der ersten Rückblende spielt Kate mal wieder mit dem Feuer(zeug). Da Wayne beim Betreten des Hauses, obwohl er sternhagelvoll ist (vermutlich ein Dauerzustand), bemerkt, dass es komisch riecht („What the hell is that smell?“), können wir wohl davon ausgehen, dass Kate bereits auf ihn gewartet hat. Alles ist vorbereitet: Das Haus müffelt nach Gas, Kate hat das Feuerzeug im Anschlag und die Versicherungspolice in der Tasche. Der Plan ist gefasst und wird auch ausgeführt. Keine Ahnung wie es euch geht, aber mir kommt da jemand anders in den Sinn, der auch erst nett zu seinem Vater war, nur damit der nicht erkennt, dass alles vorbereitet ist, um sich seiner zu entledigen. Da wurden auch Holzpuppe, Giftgaspatrone und Gasmaske sicher verstaut und dann zischte man mit Daddy noch ein Bierchen, ehe man ihn nach 28 Jahren der Erniedrigung über den Jordan (falls ihr euch da in eurer Religionsfreiheit tangiert fühlt, von mir aus auch über den: Nil, Styx, Ganga oder was weiß ich) schickte. Irgendwie scheint langsam jeder der Losties mit Ben eine Erfahrung, einen Schicksalsschlag zu teilen. Bei den meisten sind die Parallelen nicht so deutlich wie bei John, Kate oder Sawyer, aber sie sind da. Aber es ist ja nichts Neues, dass die Fäden bei Glubschauge und/oder Glatzkopf irgendwie immer zusammenlaufen.
Ein nettes Detail dieser Rückblende bedarf da schon viel größerer Beachtung. Als Kate Wayne ins Haus bringt fährt die Kamera kurz sehr dicht an einer Regalwand vorbei. Hauptsächlich stehen hier Familienfotos mit gestellten, glücklichen Erinnerungen. Aber hier steht auch eine sehr naturalistische Schnitzerei (oder für die Kunstliebhaber: eine hölzerne Skulptur mit einem sehr hohen Ikonizitätsgrad) eines Pferdes. Eines Pferdes? Da war doch was.....? Stimmt, da war ein schwarzes Pferd im Dschungel und später – Achtung Spoiler^^ – auf der Landstraße. Dieses Pferd endet wie Wayne und das Haus mit einer großen Explosion in Jacobs liebstem Element: dem Feuer.
Kate fährt danach zu ihrer Mutter (die genau wie der US-Marshal und Jacob erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Charakter aus „Supernatural“ hat) und erstmals erkennen wir hier schon wie Diane gestrickt ist. Im Nachhinein will ich hier mal Winston Churchill zitieren: „Ich glaub wir haben das falsche Schwein geschlachtet!“ Denn sein wir mal ehrlich: Wie kann man sich der eigenen Tochter, die einem sogar noch helfen wollte, gegenüber so verhalten? Denken wir mal an Jins Vater, der vermutlich nicht einmal sein Vater ist und sagte, dass Jin immer sein Sohn bliebe und er ihn liebe, egal was er getan habe, dreht sich einem bei dieser Mutter doch mal wieder der Magen um. Eltern, die nicht zu ihren Kindern stehen, haben bei „Lost“ ja Tradition und Kates Eltern haben es zumindest in meine Top-5 der größten Rabeneltern (also jetzt mal nur leibliche Eltern) in der Geschichte von „Lost“ gebracht. Falls es wen interessiert: Lockes Eltern (vor allem Anthony) stehen natürlich unanfechtbar auf Platz 1, Roger Linus ist ein sehr klarer zweiter Platz, dicht gefolgt von Eloise Hawking auf Platz 3 (über Charles kann man wenig positives sagen, aber er liebt seine Kinder, wenn auch auf eine komische Weise) und den fünften Platz konnte der alte Paik sich sichern... wäre mal wieder ein Thema für ’ne neue Umfrage, fällt mir grade auf. Ach, die steht ja mittlerweile schon da... was ein Zufall. Da könnt ihr zwei Dinge dran sehen: ich sitze tatsächlich schon seit Tagen an dieser Review UND ich lese immer noch mal alles Kontrolle und besser so manches ein – so wie jetzt gerade.
Wir kehren nun aber gutgelaunt auf die Insel zurück. Jack bricht zur Beerdigung auf und Krankenschwester Kate (es ist deshalb übrigens auch ein Spin-Off mit dem Titel „Für alle Fälle Katherine“ geplant) bleibt bei Sawyer. Jack mahnt Kate noch: „Don’t forget the button!“ („Vergiss die Taste nicht!“). Als ob man die vergessen könnte, bei dem lautstarken Alarm, den sie jedes Mal schlägt, wenn mal wieder 104 Minuten um sind. Außer natürlich man würde Hals über Kopf aus der Station fliehen... . Faszinierend was dieser Jack so alles erahnen kann, oder? Aber seit wann interessiert er sich überhaupt für diesen ollen Knopf? Er glaubt doch angeblich nicht einmal dran. Zeitschleife ich hör dir trapsen.
Am Strand richtet Ana gerade einen Pfahl hin (frei nach Edmund Stoiber^^), als Eko zu ihr kommt, um mit ihr über das Begräbnis zu sprechen. Ana bleibt – Gott sei’s getrommelt und gepfiffen – weg, obgleich Eko ihr gut zuspricht: „I think most of them realize it was an accident, Ana.“ („Ich glaube die meisten von ihnen haben verstanden, dass es ein Unfall war, Ana.“) Mag sein – die meisten von uns haben aber auch verstanden, dass Ana eine schießwütige Irre ist. So versteht jeder irgendetwas, aber am Ende nicht wirklich viel. So versteh ich zum Beispiel nicht, dass Ana noch lebt, wenn ich daran denke, was mit Leuten passiert, von denen man glaubt, sie hätten einen Inhalator versteckt. Da scheint mir das Rechtssystem der Anderen doch irgendwie konsequenter und gerechter, obgleich der Chef auch bei denen ein Veto einlegen kann. Bei den Losties geschieht das aber eher stillschweigend.
Sayid hat zumindest Shannon verloren – die Insel gibt es, die Insel nimmt es. Jacob scheint ihn zum Einzelkämpfer bestimmt zu haben. Schließlich wissen wir, dass Jacob an Nadias Tod nicht gänzlich unbeteiligt sein wird und Shannon stirbt ebenso durch den Einfluss übernatürlicher Mächte (Flüstern, Walts Erscheinung). Überhaupt ist mir Jacobs Interesse an dem Knaben schleierhaft. Will er Sayid vom Saulus zum Paulus machen – so wie „Samuel“ Ben vom Paulus zum Saulus machte? Okay, würde es Jacob gelingen Sayid zum Pazifisten zu machen, würde ich die Wette mal als gewonnen ansehen. Aber eigentlich ist Sayid doch eher jemand, der in „Samuels“ Denkmuster passt: Gewalt als Mittel der Wahl. John, Jack, Kate, James, Hurley, Sun, Jin, Claire, Ben, Charlie, Boone... leuchten mir alle ein – aber Sayid? Sayid hat auch gute Eigenschaften, das steht völlig außer Frage, aber er ist doch wohl eher kontraproduktiv, wenn man beweisen will, dass der Mensch nicht von Natur aus destruktiv ist. Jack ist ein Arzt und Philanthrop, jemand, der Menschen helfen möchte. Obgleich er manchmal arrogant und fanatisch ist, ist er im Grunde ein guter Mensch. Kate mag eine Mörderin sein, doch wie wir in dieser Folge sehen und hören, hatte sie einen verdammt guten Grund. Selbst Edward Mars gesteht ein: „If that don't make a person want to kill somebody I don't know what does.“ („Wenn das einen Menschen nicht dazu bringt, einen anderen umbringen zu wollen, dann weiß ich nicht was dann.“) John und Ben sind gebrochene Menschen, die bei der Insel und Jacob Halt suchen und im Kampf für die Insel erst zu Mördern werden. James mag von seiner Rache getrieben sein, aber er wurde so gemacht – in Wahrheit ist er ein guter Mensch, dem schlimmes widerfahren ist. Charlie ist nur in Extremsituationen gewalttätig. Eigentlich ist er überaus heroisch, integer, selbstlos und aufrichtig. Über Hurley, Claire, Boone, Rose, Bernard und Co muss man gar kein Wort verlieren, dass Jacobs Interesse erklären würde. Aber irgendetwas wird es an Sayid schon geben, oder? Oder hat Jacob Nadias Tod nur herbeigeführt (oder zumindest zugelassen/ billigend in Kauf genommen), weil er wusste, dass Ben ihn braucht, um Jacobs Feinde auszuschalten, „Samuel“ zu schwächen?
Zumindest landet Shannon jetzt unter der Erde und auch wir gehen wieder unter die Erde, wo Kate nun erst mal etwas Musik (Patsy Kline – was sonst?) auflegt und dann Sawyer mit matschigem Obstsalat füttert. Okay, sie füttert ihn nicht wirklich, denn er liegt ja im Delirium, aber sie panscht halt mit den Mangos rum und brabbelt vor sich hin, erzählt ihm einen vom Pferd im Dschungel und meint dann, dass so was wohl passiere, wenn man nicht schläft. Da Sawyer aber nun mal nicht nicht schläft, sondern rammdösig in der Ecke liegt und vor sich hin murmelt, bekommt er von Kates Gefasel wohl nicht allzu viel mit. Der Glückliche! Bei dem, was dann kommt, musste ich lachen, obwohl es eigentlich nicht zum Lachen ist. Aber irgendwie hat mich Sawyer in dieser Szene sehr an den dieses zwischen den Zähnen hervorgepresste Brummen von Batman in den Christopher-Nolan-Batman-Filmen erinnert. Da versteht man auch kein Wort, aber es klingt schön bedrohlich und keiner käme darauf, dass Bruce Wayne Batman ist. Bruce Wayne ist Batman? Ja, ich weiß, keine alten Wunden aufreißen – da regt Homer Simpson sich nur wieder auf. Zumindest brummt Sawyer: „Why did you kill me?“ („Warum hast du mich getötet?“) Eine berechtigte Frage! Jedenfalls war sie es, als Locke, der nicht Locke war, Ben das fragte. Aber hier? Jetzt gibt’s zwei Möglichkeiten: Entweder James ist tatsächlich vom Geist von Wayne (nicht Bruce Wayne – der andere Wayne) besessen oder er redet im Fieber wirres Zeug. Mal kurz überlegen: Was ist wahrscheinlicher? Auf dieser Insel: Besessenheit. Ach, überhaupt! Leute, die im Fieberwahn fantasieren und komisches Zeug brabbeln – was ein Stuss! Auf dieser Insel ist es nie ein Pferd, sondern stets ein Zebra, wenn man Hufgetrappel hört... okay, schlechtes Beispiel^^.
Jack und John erreichen die Station, als Patsy Kline schon durch das lautstarke Dröhnen des Alarms übertönt wird. Übrigens faszinierend, dass Jack und John erst, als sie in der Station drin sind, ganz überrascht feststellen: „It's the alarm.“ („Es ist der Alarm.“) Das hört man ja im Schacht noch nicht ;-) ! Der Countdownzähler steht also bei 23 Sekunden und während Jack noch „Kate! Kate!“ („Kate! Kate!“ – es soll nie wieder ein Name in einer deutschen Übersetzung fehlen.) brüllt, erreicht John den Dom. John gibt also ein „4 8 15 16 22“ stellt fest, dass er sich vertippt hat und korrigiert in „23 42“. Ist das erwähnenswert? Ja, ist es. Was sind Zahlen? Zahlen sind logisch, unveränderbar, universell – die einzig absolute Wahrheit, denn eine 23 ist immer eine 23. Man mag sie anders nennen, anders schreiben, doch man kann ihren Wert nicht ändern. Es ist das zweite Mal, dass John beinahe eine dieser Zahlen falsch eingegeben hätte. Wenn Zahlen aber für etwas ganz und gar unveränderliches stehen, gewinnt dieser Tippfehler plötzlich Bedeutung. Überhaupt sollte man sich vielleicht gar nicht so sehr Gedanken über die einzelnen Zahlen machen, sondern mehr überlegen, worin die symbolische Bedeutung von Zahlen im Allgemeinen liegt. Dann kommt man zu dem Schluss: Zahlen und Mathematik sind die perfekte Ordnung, absolut logisch und rational, immer objektiv – ausgerechnet etwas, das so klar der Verstand-Fraktion zuzuordnen ist, prüft hier den Glauben der Losties. Und mehr noch: Betrachten wir mal wieder unsere beiden Spezialisten, dann würden die Zahlen doch eindeutig zu „Samuel“ gehören – geordnet, frei von Emotionen, logisch, perfekt, vollendet. Ich tendiere überhaupt immer mehr dazu, nicht „Samuel“ als die chaotische Kraft zu sehen, denn eigentlich ist der Tod, doch sehr viel ordentlicher als das Leben. Fortschritt ist chaotisch, wohingegen Ordnung zumeist auch Stillstand bedeutet. Jacob ist der Rebell, der chaotische Geist, der alles über den Haufen werfen will und nicht bereit ist zig Gegenbeweise zu akzeptieren. In der Mathematik reicht ein Gegenbeispiel, um klar zu machen, dass eine Rechenoperation nicht allgemeingültig ist. Doch zu beweisen, dass eine bestimmte Formel immer und überall anwendbar ist, ist sehr viel schwieriger. Aber das gilt nur in der Mathematik. Lösen wir uns von den nackten Zahlen, kann man nur Regelfälle oder Durchschnittswerte ermitteln, denn Ausnahmen von der Regel wird es immer geben. In Naturwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften und Religion gibt es keine Sicherheiten, nur Vermutungen, Theorien und Wahrscheinlichkeiten. Die Mathematik wird oft als Naturwissenschaft eingestuft, dabei ist sie doch viel eher eine Geisteswissenschaft, der Gegenpol zu Philosophie und Religion, die nie zu einem Ergebnis kommen können. Douglas Adams brachte es fertig Religion mit Logik und Philosophie mit Mathematik zu kombinieren und hat so die Unwegbarkeit dieses Unterfangens ziemlich offenkundig belegt.
In aller letzter Sekunde gibt John den Code ein und der Zähler springt von Null auf 108 zurück. John geht zu Jack, der Sawyer ins Bett zurückhievt. John ist einigermaßen irritiert und fragt Jack: „Where’s Kate?“ Nein, John, nicht du auch noch! Das ist Jacks Text und das reicht auch. Jetzt fängt der Glatzkopf auch noch damit an... ich krieg zuviel.
Okay, wo war ich? Ach, ja: Wo ist eigentlich Kate? Die ist im Dschungel und hat prompt Berufsklette Charlie am Rockzipfel hängen. Charlie macht Smalltalk und erklärt: „A few of them came.“ („Einige von ihnen kamen“) Da er wohl merkt, dass „them“ („sie“) nicht gerade präzise ist, ergänzt er „the new people“ („die neuen Leute“). Auch wenn ich jetzt nicht weiß, warum drei von vier Leuten „a few“ sind, finde ich es viel interessanter, dass Charlie uns hier unbewusst auf ein sprachliches Problem hinweist: Wer sind eigentlich „sie“? Wenn man von einer Gruppe von Menschen als „sie“/„ihnen“ spricht, heißt das zunächst einmal „nicht wir“/„keine von uns“. Die Tailies sprechen sowohl von den Losties als auch von den Anderen (ebenso ein problematisches Wort) als „Sie“. Charlie bezeichnet hier wiederum die Tailies selbst so. Es kommt aber auf den Blickwinkel an, denn je nach dem, zu welcher Gruppe man selbst gehört, sind immer die jeweils anderen „sie“, „die Anderen“ oder gar „die Feinde“. Als John Charles fragt, ob er mit „I was their leader“ („Ich war ihr Anführer“) die Anderen meint, erwidert Charles: „They're not ‘the Others’ to me. They're my people“ („Für mich sind sie nicht ‚die Anderen’. Es sind meine Leute.“) Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Genauso gut könnten doch Bens Leute auch von den Losties als „den Anderen“ sprechen, oder etwa nicht? Streng genommen hätten Jacobs Anhänger sogar viel eher einen Grund von anderen Menschen auf der Insel als „Andere“ oder „Feinde“ zu sprechen, schließlich waren sie zuerst da.
Nachdem Kate Charlie gefragt hat, ob er denn vielleicht Pferde auf der Insel gesehen hätte, geht es mal wieder in der Zeit zurück. Kate ist am Busbahnhof und will nach Tallahassee. Ob sie wohl den Mann von da besuchen will? Zum ersten Mal treffen Kate und Edward Mars nun aufeinander. Er rät ihr noch, nicht wegzulaufen, aber da Kate aus Prinzip stets wegläuft, ist das ein ziemlich dämlicher Rat – etwa so als würde man einem, der von ’ner Klippe springt, raten, mit dem Fallen aufzuhören.
Jack trifft Charlie am Strand und fragt: „Have you seen Kate?“ („Hast du Kate gesehen?“) Na, immerhin variiert er jetzt mal. Charlie erzählt Jack von seiner letzten Begegnung mit Kate im Dschungel und Jack verschwindet ebenfalls im Dschungel. Schon wieder wechselt die Szene: Back to the Swan. Dort wird Jin gerade von seiner Handschelle befreit, während Michael die Feuerschutztüren entdeckt und unter die Lupe nimmt. Er spricht John darauf an, doch der hatte sie bislang wohl nicht einmal bemerkt. Allerdings sollte er in der Nähe dieser Dinger mal lieber auf sein Bein aufpassen, wenn ihr mich fragt... aber das tut ja keiner. Aber jetzt holen wir erst mal das Dharma-Popkorn raus und gucken einen Film.
Jack hat Kate derweil endlich gefunden. Es kommt zu einem kleinen Streit und Kate sagt Jack etwas, was ihm schon lange mal jemand hätte sagen sollen (in der Szene wird sie einem mal so richtig sympathisch): „Yeah, I'm sorry. I'm sorry that I am not as perfect as you! I'm sorry that I'm not as good!“ („Jep, es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich nicht so vollkommen bin wie du! Es tut mit leid, dass ich nicht so gut bin!“) Boah, das war ja mal so was von überfällig! Jetzt macht Jack aber gleich den nächsten Fehler und hält Kate gewaltsam fest und das kann Kate ja so gar nicht ab. Was tut sie? Sie geht in die Offensive, sie sorgt dafür, dass er sich wünscht nie geboren worden zu sein, sie...sei...sie...küsst ihn? Okay, die Frau ist irre. Gut zu wissen.
Locke, Eko und Michael gucken derweil einen Film. Als ich die drei da so sitzen sah, war ich ja echt froh, dass wir in keiner Sitcom sind, sonst hätten wir bestimmt mal wieder das Schwarze-im-Kino-Klischee über uns ergehen lassen müssen: „Mach nicht die Luke auf! Eye, geh da bloß nicht rein! Da ist ein Magnetfeld drin!“ Aber wenn sich die drei dann so über den Film unterhalten, fragt man sich doch, ob die wirklich noch über den Film reden. So fragt Michael etwa: „What about all the missing pieces?“ („Was ist mit den ganzen fehlenden Teilen?“) Woraufhin Locke meint, das wäre wohl nichts von Bedeutung. Meine Erfahrung mit fehlenden Teilen bei „Lost“ ist eine andere. So fehlten uns über Jahre folgende Teile: Jack bei seiner ersten eigenen OP, bei der einen Fehler macht und bis fünf zählt, um die Angst zu besiegen; die Hochzeit von Sun und Jin; die Ankunft der Black Rock; der Tod von Nadia; die Beerdigung von Sawyers Eltern und wie Locke den Sturz aus dem achten Stock überleben konnte.
Kate hat ihre Odyssey derweil zu Shannons Grab geführt. Hier laufen zwei Ebenen parallel ab, die ich beide getrennt untersuchen will. Beginnen wir mit dem, was getan wird: Sayid hängt eine Art Rosenkranz an das Kreuz über Shannons Grab. Hier zeigt sich eine der wenigen Eigenschaften, die mir an Sayid überaus sympathisch sind. Er selbst ist Moslem, praktiziert aber christliche Rieten, da er Shannons Religionszugehörigkeit ebenso achtet wie seinen eigenen Glauben. Überhaupt mahnt er sehr oft zu religiöser Toleranz, was ja im krassen Widerspruch zu dem Bild steht, das uns sonst in den Medien von Menschen aus dem arabischen Raum präsentiert wird (hier also auch ein dickes Lob an die Autoren). Gerade die richtige Form der Bestattung scheint für Sayid eine besondere Rolle zu spielen. Er protestiert so etwa, als Jack das Wrack und die Leichen verbrennen will. Außerdem hätte er nie an Bord von Flug 815 gesessen, wenn er sich nicht um Essams Bestattung hätte kümmern wollen. Letztlich unterstreichen diese und ähnliche Umstände Sayids symbolische Verbindung mit dem Tod.
Die Ebene dessen, was gesagt wird, beschäftigt sich vor allem damit, dass alle Charaktere sich mehr und mehr damit konfrontiert sehen, dass die Insel mehr ist als nur eine Insel. John war das von Anfang an klar und er stellte Jack gegenüber schon früh fest, dass die anderen es nur verleugnen würden, weil es sie ängstige, obwohl ihnen durchaus bewusst wäre, dass dieser Ort anders ist. Jeder der Losties wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Die Insel blickt in ihr Innerstes und zwingt sie dazu, sich ihren Dämonen zu stellen. Oft nehmen Entitäten der Insel sogar die Gestalt von Personen oder Wesen aus ihrer Vergangenheit an, um die Menschen auf der Insel zu konfrontieren. Doch gibt es dabei dann doch gewisse Unterschiede in Form und Intensität dieser Konfrontationen und Offenbarungen. Doch sollten wir zunächst einmal sehen, wie es mit Kate und ihrem Pferd endet, ehe wir einen Vergleich anstreben und Parallelen und Unterschiede bei den einzelnen Erscheinungen herausarbeiten. Doch bereits hier erwähnt Sayid eine jener Parallelen zwischen zwei Erscheinungen, wenn er Kates vermeintliche Einbildung eines Pferdes mit Walts Erscheinen im Dschungel vergleicht. Komisch auch, dass er diese Begebenheit wohl zum letzten Mal erwähnt hat, obgleich sie überaus bedeutend ist, bedenkt man, dass Walt tatsächlich entführt wurde und Michael noch in dieser Folge einen folgenschweren Fehler begehen wird. Apropos folgenschwere Fehler: zurück zu Kate und dem US-Marshal... .
Ich habe offengestanden keine Lust den Subtext des Dialoges zwischen Kate und Mars zu analysieren, weil er einfach so offensichtlich ist, dass man ihn schon gar nicht mehr als Subtext bezeichnen kann. Und ich denke auch es würde euch wohl ebenfalls eher langweilen. Einzig die Frage, wann ein Mord nachvollziehbar, vertretbar sein könnte, bleibt im Raum stehen und letztlich ist auch die Antwort auf diese Frage rasch gefunden: Nur wenn man so noch größeres Leid für sich oder andere abwenden kann. Obgleich ich persönlich es mit Gandhi halte: Es gibt Dinge für die ich bereit bin zu sterben, aber nichts, wofür ich bereit wäre zu töten.
Interessant finde ich aber die Parallelen zwischen dem Autounfall und dem Absturz von Oceanic 815: ein unerwartetes Ereignis, während Mars und Kate sich unterhalten, Mars wird ausgeknockt und Kate klaut ihm die Schlüssel, um sich der Handschellen zu entledigen (John macht so etwas mit einem Werkzeugkasten und Michael mit ’ner Axt). Am Ende ist Kate beide Male nach der Verhaftung wieder in Freiheit. Das Pferd hat Kate gerettet und es bleibt die Frage zurück: Welches Pferd ist auch wirklich ein Pferd, welches eine Erscheinung, eine Reinkarnation? Wann war es Schicksal und wann Zufall? Kann es hier und auf der Insel nicht der gleiche Grund gewesen sein? Hat die Insel Kate das Pferd geschickt, weil es bereits eines in ihrer Vergangenheit gab. War eines der Pferde Wayne? „Samuel“? Cerberus? Oder gar Jacob Höchstselbst? Oder waren die Pferde schlichtweg nur Pferde.
Im Schwan wird’s langsam richtig interessant. Denn dort schleppt Eko gerade eine Bibel an. Juhu! Bibelstunde! U-S-A! U-S-A! Okay, für uns wohl eher: B-R-D! B-R-D! Im Moment fragt Michael Locke aber noch, warum er den Code nicht jetzt (23 Minuten vor dem nächsten Alarm) eingeben würde, woraufhin Locke erklärt, die Tastatur würde erst vier Minuten vor Ablauf der Zeit freigegeben. Er demonstriert es auch, indem ein paar Tasten drückt – nichts passiert.
Okay... jetzt frag ich mich gerade, welche Freudsche Fehlleistung mich dazu gebracht hat „Eko gibt Walt den Film“ zu notieren? Ob das ein Zeichen einer höheren Macht ist? Oder werd’ ich nur langsam verrückt? Oh, mein Gott! Jetzt red’ ich schon wie Kate! Also schnell zurück zu Eko, der aufm Gang steht und von Walt...ähm Locke... Locke! Locke! Locke! Also Eko wird von Locke gegrüßt mit: „Hello again!“ du, isch möchte disch heut noch seh’n. Isch will dir gegenübersteh’n, viel zu lang war die Zeit...ja...ähm...ich schweife mal wieder ab – in voller Länge, gibt’s das hier. Wie Eko möchte ich am Anfang beginnen und erst mal fragen: „Where’s Kate?“ Nein, das war es nicht, sondern: Wer ist überhaupt dieser Joschija oder Josiah (im englischen Sprachraum geläufiger), von dem Eko John hier erzählt? Joschija war der Sohn Amons und wurde nach dem Tod seines Vaters im Alter von acht Jahren zum König von Juda (übrigens nicht zu verwechseln mit Judäa). Amon? Amon? Da war doch was! Ja, Amon ist der Name einer überaus bedeutenden und mächtigen altägyptischen Gottheit: dem Herrn der Winde und des Himmels. In der Tat sind die Ägypter in Bezug auf Joschija nicht unwichtig, doch bleiben wir noch mal bei seinem alten Herrn. Amons Regentschaft dauerte gerade mal zwei Jahre. Dann wurde er ermordet. Der Grund dafür dürfte wohl gewesen sein, dass er sich von JHWH (יהוה; auch: Jahwe, ist der hebräische Name Gottes und wird „Jachweh“ ausgesprochen – gelegentlich findet man auch YHWH; Lateinisch: Iehovah bzw. im Deutschen für gewöhnlich Jehova) abwandte und jenem Götzendienst, den sein Großvater noch versucht hatte abzuwehren, zuwandte. Obgleich Amons Mörder der Lynchjustiz des erbosten Volkes zum Opfer fielen, gilt sein Tod als gottgewollte Strafe für die Blasphemie. Danach kam also sein noch unmündiger Sohn Joschija auf den Thron. Die Geschichte, die Eko erzählt und die ich gleich noch auf Parallelen zu „Lost“ untersuchen möchte, soll sich relativ früh, im 18. Jahr von Joschijas Herrschaft, zugetragen haben. Aber kommen wir zuvor zu den Ägyptern, mit denen er sich zunächst noch gegen Babylon verbündet hatte und von deren Pharao Necho II. Joschija 609 v. Chr. in der Schlacht bei Megiddo getötet wurde. Joschija verfolgte eine Politik der Einigung Israels und war bemüht auch zugewanderte Stämme zu integrieren. Außerdem begann unter ihm wohl die genau Dokumentation, Sammlung und Redaktion biblischer Schriften. Auch dem letzten dürfte mittlerweile wohl aufgefallen sein, dass es sowohl zu Ben als auch zu Jacob einige Parallelen gibt. Nehmen wir mal an, dass Charles nicht nur verbannt wurde, weil er die Regeln der Insel brach, sondern auch weil er sich von Jacob abwandte und mit „Samuel“ verbündete, so würde Ben wie Joschija einem Ketzer auf den Thron folgen. Bedenkt man wie Charles gestrickt ist, passt er nicht wirklich in das von Jacob gesuchte Muster – in das seines Rivalen schon. Charles Bestreben die Insel um jeden Preis zu schützen, selbst wenn er jeden Menschen darauf töten müsste, teilt er mit „Samuel“. Da „Samuel“ die Menschen als unwürdig ansieht, wäre es nicht verwunderlich, wenn er sich einige von ihnen zu Nutze macht – sei es nun, um seine Befehle auszuführen oder auch um Jacob einen Gegenbeweis zu liefern. Ben aber ist Jacob und vor allem der Insel treu ergeben und versucht gute Menschen, die auf die Insel kommen, in die Gesellschaft seiner Leute einzugliedern, anstatt sie wie Charles töten zu lassen.
Nach Jacobs Tod wird der Glaube in ihn erschüttert sein und es dürfte schwer werden, seine Prinzipien aufrecht zu erhalten. Wie also den Tempel wieder aufbauen, wenn nicht mit einem „ancient book“, mit den Glaubenslehren Jacobs – vielleicht festgehalten auf dem Wandteppich? Könnte dieser Tempel, den es zu errichten gilt [Achtung winziger Staffel-6-Spoiler] womöglich das „Lighthouse“ sein [Spoiler-Ende]. Aufgehorcht habe ich allerdings, als Eko das Buch als „Book of Law“ bezeichnete, denn genau das stand auf dem Cover jenes antiken Buches, das Richard John zeigte, als er ihn im Alter von sechs Jahren besuchte. Hätte John dieses Buch auswählen müssen, da es seine Aufgabe ist, den Tempel Jacobs wieder zu errichten? Wenn John es nicht tut, fällt diese Aufgabe dann Ben zu? Der Rest ist wohl Geschichte.
Als Hurley in der nächsten Szene Jack gegenüber meint: „So, Rose's husband's white. Didn't see that one coming.“ („Also, Rose’ Mann ist weiß. Das hat man nicht kommen sehen“), werde ich das Gefühl nicht los, dass die Autoren hier dem Zuschauer durch Hurley eine Stimme geben und ihm gleichzeitig den Spiegel vorhalten, weil es eigentlich ziemlich rassistisch ist, davon auszugehen, dass eine Schwarze auch einen schwarzen Mann hätte. Gleichzeitig ist es ein Seitenhieb auf andere Fernsehserien, wo diesem Klischee für gewöhnlich entsprochen wird. Besonders geil finde ich es aber, dass Jack nicht mit nur einem Wort darauf eingeht – sehr souverän gelöst, liebes Autorenteam. Aber Hurley merkt auch an, dass Jack sich in seinem Verhalten Sawyer annähere. Das finde ich insofern ganz reizvoll, da wir gerade in den letzten beiden Staffeln viele Entwicklungen erlebt haben, in Folge dessen Charaktere den Platz eines anderen einnahmen – Jack wurde allerdings mehr wie Locke und James wie Jack... tja, und John wurde wie Ben.
Nachdem Kate Sun wieder als Krankenschwester abgelöst hat, folgt das nächste Flashback. Kate sucht ihren Vater auf. Letztlich hat diese Szene wohl nur den Zweck zu offenbaren, dass Wayne Janssen und nicht Sam Austen Kates leiblicher Vater ist und Sam als Charakter für die später aufgezeigte Verbindung zu Sayid zu etablieren. Obgleich mir Sam sehr viel sympathischer ist als jeder von Kates leiblichen Eltern, finde ich es schon etwas zynisch, wenn ein Berufssoldat seiner Tochter auf die Frage, warum er Wayne nicht getötet hätte, erwidert: „Because I don't have murder in my heart.“ („Weil ich nicht zu einem Mord fähig bin.“) Der Mann ist einfach feige: es selbst tun, konnte er nicht und seiner Tochter die Wahrheit sagen auch nicht. Wenn er wusste, was Kate tun würde, sobald sie die Wahrheit erfährt, hätte er es tun müssen, ehe sie es tut, um sie vor Schaden zu bewahren. Wieder bleibt also eine Frage im Raum stehen, die sich wie ein roter Faden durch diese Folge zieht: Why?/Warum?
Ein „Warum?“ löst Kate nun an Sawyers Krankenbett auf und es ist schon bemerkenswert, dass sie eine so grausige Tat beging, aus dem Glauben, der Angst heraus, sie könne aufgrund ihrer Abstammung nie gut sein. Als würde der Umstand, dass dieser saufende, frauenprügelnde Bastard ihr leiblicher Vater ist, sie zu einem anderen Menschen machen, weil so die Saat des Bösen in ihr ruht. Wie John oder Ben musste sie sich ihres diabolischen Vaters entledigen, sich von ihm befreien, um gut sein zu können. Schaffte Waynes Tod am Ende tatsächlich die Vorraussetzung, dass Kate im Spiel blieb, Jacob bereit war sich ihrer anzunehmen?
Dann erwacht Sawyer und will Kate nicht abkaufen, dass sie nicht gerettet wurden. Während John und Eko im Nebenraum den Film zusammenkleistern und mal wieder über Schicksal und Zufall philosophieren, bringt Kate James, der denkt, Kate wolle ihn au den Arm nehmen, was sie streng genommen ja auch tut^^, nach draußen. Als Sawyer im Freien ist sagt er nur vier Worte: „Son of a bitch!“ An Jacobs Stelle würde ich das jetzt persönlich nehmen.
Doch das, was nun passiert, untermauert die Parallelen zwischen Kates Pferd und Walts Erscheinung im Dschungel. Beide werden zunächst nur von einer Person gesehen: Shannon bzw. Kate. Beide begeben sich daraufhin auf eine merkwürdige Odyssey und am Ende sind sie mit dem Mann ihres Herzens allein, wenn die Erscheinung sich ein weiteres mal zeigt. Sowohl Walt als auch das Pferd werden auch von James bzw. Sayid gesehen, womit zumindest eines klar ist: weder Walt noch Fury sind eine Einbildung. Sie sind real. Nun ist es also an der Zeit, mal zu gucken, wie die Insel sich wem gegenüber wie offenbart:
Beginnen wir auch hier am Anfang und somit mit Benjamin Linus. Es ist nichts Neues, dass Ben besonders ist und die Mächte der Insel seit seiner Ankunft, um seine Seele kämpfen. In der nacht am Sonarzaun wird dies sehr deutlich. Ben sieht die Erscheinung seiner Mutter, die ihn zum Zaun führt. Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass es sich hierbei um „Samuel“ handelt, denn der ist nach allem, was wir wissen, nur in der Lage die Gestalt von Leichen auf der Insel anzunehmen und Emily Linus dürfte bei Portland begraben liegen. Ferner scheint es auch für Richard später von Bedeutung zu sein, dass Bens Mutter nicht auf der Insel starb. Ich glaube aber, dass man „Samuel“ durchaus hören kann, denn am Sonarzaun sagt eine tiefe, dämonische Männerstimme: „Look at me“ („Sieh mich an“) Woraufhin Emily ihren Sohn beschwört, sie anzusehen. Die Stimme sagt daraufhin: „Ben, you are my prisoner and you are mine.“ („Ben, du bis mein Gefangener und du bist Mein.“) Kurz darauf hört man ein grollendes, sinisteres Lachen. Mir kommt es ganz so vor als hätten sich die hellen und dunklen Mächte der Insel von Anfang an um Ben gekloppt.
John wird ähnlich offensiv mit den Mächten der Insel konfrontiert und auch er wird höchstwahrscheinlich von beiden Seiten umworben. Das könnte sowohl bedeuten, dass John und Ben Wackelkandidaten sind, als auch, dass sie so besonders sind, dass beide Seiten sie für sich vereinnahmen wollen. Fakt ist: Sowohl Jacob als auch „Samuel“ sind bei der Verwirklichung ihrer Pläne auf Ben und John weit mehr angewiesen, als auf alle anderen Menschen. Für „Samuel“ bilden diese beiden sein Loophole und dienen somit wohl auch Jacob für seine Falle.
Jack und Eko sehen auf der Insel verstorbene Menschen aus ihrer Vergangenheit, deren Leichen auf der Insel sind. Ich will jetzt nicht wieder Vermutungen darüber anstellen, ob Sammy da jetzt als Christian oder Yemi rumläuft. Mir geht einzig und allein darum, dass Eko und jack eigentlich sehr gegensätzlich sind und Eko durch Yemis Erscheinung nicht überzeugt werden musste, Jack durch Christian hingegen schon. Jack erkennt durch sein weißes Kaninchen die übernatürlichen Mächte der Insel und wie Kate will er das, was er sieht, nicht wahrhaben, glaubt verrückt zu werden. Allerdings ist Kates Pferd nichts, was zwangsläufig übernatürlich sein müsste, so wie das Flüstern oder lebende Tote. Deshalb zweifelt sie, während Shannon und Sawyer zum Beispiel mit gar nicht mal völlig unmöglichen, wenn auch unerklärlichen Dingen konfrontiert werden und dennoch nicht einen Moment glauben, verrückt zu sein.
Man kann hier wohl nur eines, als unumstößliche Tatsache festhalten: Wenn die Zeit dafür gekommen is, wird sich die Insel einem jedem auf eine andere Weise offenbaren. Apropos Offenbarungen: Wie geht’s eigentlich so mit dem Film voran?
Locke und Eko hören gerade wie Marvin Candle alias Pierre Chang davor warnt mit dem Computer etwas anderes zu machen, als die Zahlen einzugeben, da erscheint auf dem Computer „Hello?“ Obwohl die Tastatur eigentlich noch gesperrt sein müsste, kann Michael antworten und tappt so höchstwahrscheinlich in die Falle. Denn er ist es, der zuerst seine Identität preisgibt. Vermutlich saß Ben am anderen Ende und wusste nur zu gut, welche Tasten er bei Michael drücken musste, um ihn zu sich zu locken und ihn später mit einem geeigneten Druckmittel dazu zu bringen, auch Jack, Kate und James in jene Falle zu locken, die Ben sein Überleben sichern sollte.
Damit schließe ich auch nun für heute. Morgen kümmer’ ich mich um die Gastbeiträge und hoffentlich komme ich mit „Feuer + Wasser“ mal etwas flotter voran.
Sehr schön, sehr witzig. Was mir noch einfällt, du hättest den Kreis ruhig schließen können. Denn Ben verändert sich insbesondere in Staffel erheblich und wird schon fast ein wenig wie Sawyer. Denn auch Ben wird von Rache getrieben. Erst geht diese Rache gegen Penny, um den Tod von Alex zu sühnen und später dann gegen Jacob. An dem will sich Ben rächen, weil Jacob ihn nie beachtet hat. Ich sehe da schon Parallelen. Somit haben wir ein lustiges Quartett, das untereinander die Rollen tauscht: Jack, Locke, Sawyer und Ben.
AntwortenLöschenmit welcher person von supernatural hat jacob ähnlichkeit ????
AntwortenLöschenkomm da grad nich drauf.....
Ich fand immer schon, dass Ben James in vielen Punkten ähnelt, weshalb ich da keinen Wandel sehen würde, denn auch in Richtung John bewegt sich Ben in den letzten zwei Staffeln.
AntwortenLöschenDoch als Rache würde ich weder James' noch Bens Motivation bezeichnen, denn Rache wäre rein destruktiv darauf ausgerichtet, beim Gegner Schaden anzurichten. Doch was James und Ben (und eigentlich auch John) von Anthony Cooper bzw. Charles und Jacob wollen geht ja über primitive Rache weit hinaus. Sie wollen sich nicht rächen, sondern Vergeltung üben. Ben, James und John wollen, dass Charles, Cooper und Jacob wissen, was sie ihnen angetan haben. Sie sollen ihren Schmerz fühlen, begreifen, dass sie ihr Leben zerstört haben und ihnen alles genommen haben, was ihnen je etwas bedeutet hat. Hätten sie sich rächen wollen, hätten sie einfach eine Waffe genommen und abgedrückt, doch sowohl Ben als auch James und John schütten ihren Peinigern ja ihr Herz aus, wollen ein Schuldeingeständnis, Reue, sie wollen Antworten. Wer weiß, was sie getan hätten, wenn sie bekommen hätten, was sie wollten?
@Anonym
AntwortenLöschenLucifer?
Nur so eine leichte Anregung... wobei ich zuegeben muss ich bin noch bei Staffel 2 - hab die erste Staffel letzte Woche bei amazon bestellt, weil sie im Angebot war und war dann doch positiv überrascht. Im TV hat mich die erste Folge so gelangweilt, dass ich nicht weiter geguckt habe. Ich muss sagen: Ich habe noch nie erlebt, dass ein Pilot so sehr hinter dem Durchschnittsniveau einer Serie zurückstand, denn bis auf die erste und letzte Szene war der Pilot einfach nur platt.
Hm, ich sehe keinen Unterschied zwischen Vergeltung und Rache. Und ich finde schon, dass es einen deutlichen Wandel bei Ben nach dem Tod von Alex gab. Das war so ein einschneidendes Erlebnis wie es bei James eben der Tod seiner Eltern war. Nur dass wir bei James eben nie gesehen haben, wie er vorher war, bzw. wie er geworden wäre, wenn Cooper nicht seine Mutter verführt hätte. Sicher waren sich die beiden vorher auch schon ähnlich, aber nach Alex' Tod hat Ben, finde ich, noch einen Schritt eben in Richtung Sawyer gemacht.
AntwortenLöschenVergeltung hat immer etwas mit Ausgleich, Wiedergutmachung zu tun, während Rache viel weniger zielgerichtet ist. Und keiner bestreitet, dass Alex Tod ein einschneidendes Erlebnis war, nur hat sich dadurch nicht Bens Wesen geändert, allenfalls seine Prioritäten.
AntwortenLöschenAnubis, hast du wie immer toll gemacht!
AntwortenLöschen@furya
Ein typisches Beispiel für simple Rache war die Sache mit Ana-Lucia und Jason.
Hm, na gut, dann haben wir wohl beide verschiedene Definitionen für den Begriff Rache. Aber ich verstehe was du meinst, dem stimme ich auch voll und ganz zu. Auch das sich grundsätzlich nichts an Ben geändert hat, stimmt wohl, dennoch sind einige seiner Züge nun extremer geworden. Zum Beispiel der Hass auf Charles finde ich ist dadurch auf ein neues Level gehoben worden. Und genau in diesem Punkt wird er dem guten James ähnlicher. Der ist finde ich in seinem Verlangen, Vergeltung oder Rache zu üben ziemlich extrem.
AntwortenLöschenKlar, für Ben wurde die Sache durch den Mord an Alex persönlich - es verstößt halt gegen sämtliche Kriegsregeln und jeden Anstand das zu tun, was Keamy getan. Denn wir alle wissen, dass es im Krieg immer schon Regeln gab (nicht nur in dem zwischen Ben und Charles) und gegen die hat Charles verstoßen.
AntwortenLöschenAuch wenn oftmals auch in der Realität auf die Regeln gesch***en wird. Aber ich will hier nicht irgendwie politisch werden.
AntwortenLöschenDas ist mir schon klar. Der Mensch ist nun einmal leider destruktiv veranlagt - da hat "Samuel" letztlich recht. So bekloppt und zynisch das auch klingt: Früher waren Kriege anständiger, als die Heere noch stellvetretend für das Volk kämpften und die Schlachten noch nach bestimmten Regeln abliefen und die verfeindeten Fürsten noch so etwas wie ein Gentlemen's Agreement kannten. Mittlerweile bombt man einfach alles nieder und erst, wenn der Schaden angerichtet ist, werden Fragen gestellt.
AntwortenLöschenAber das meine ich ja zwischen Jacob und "Samuel" etwa besteht so etwas wie ein Gentlemen's Agreement: Obgleich sie einander auf den Tod bekämpfen, begegnen sie sich dennoch mit Respekt und Anstand. Ben hat versucht Charles auch mit Respekt zu behandeln, aber der verdient den einfach nicht. Letztlich ist es eine Sache gegen jemanden Krieg zu führen und eine andere unnötige Gräueltaten zu vollbringen. Deshalb sehe ich ben auch einfach nicht als böse: Ihm fehlt eben diese sadistische Ader sich am Leid anderer zu erfreuen - Charles ist da schon etwas anders gestrickt.
Mich irritiert nach wie vor, dass Edward Mars beim ersten Aufeinandertreffen Kate fragt: "Kennen wir uns nicht?" und überhaupt dieses komische Verhältnis der beiden zueinander. Dass Kate ihn an Feiertagen anruft und er ihr bis nach Australien folgt und scheinbar besessen ist von ihr. Na ja, hat vielleicht nichts zu bedeuten.
AntwortenLöschenIch habe mich außerdem immer gefragt, warum ihr ausgerechnet ein Pferd in die Quere kommt - ein Wildschwein hätte es auch getan:-) Ja, aber Pferde symbolisieren zum Beispiel in der chinesischen Astrologie Verführung und Anziehungskraft, aber auch ungestüme Freiheit. Finde, dass das zu unserer Kate passt. Aber es ist ja auch nicht irgendein Pferd, sondern ein schwarzer Hengst (und wer das Bonusmaterial der 2. Staffel kennt, weiß, dass es extra gefärbt wurde). Schwarze Pferde symbolisieren aber Verderben und Tod (das berühmteste Beispiel von vielen sind wohl die apokalyptischen schwarzen Pferde).
Die Szene mit Kates Vater (der nicht-leibliche) soll uns wohl auch verdeutlichen, dass Kate von sogar 3 Elternteilen auch ganze 3 verloren hat und wie verloren sie dadurch ist. Denn mit seiner Behauptung, er wäre nicht in der Lage, einen Menschen zu töten, hätte er auch gleich zu ihr sagen können: "Du Mörderin!" Ich frage mich zum Beispiel auch heute noch, wieso er nicht bei der Landung der Oceanic Six da war, um Kate in Empfang zu nehmen.
Er sagt nicht, dass er keinen menschen töten könnte, denn das hat er im Irak unter Garantie getan. Er sagt, er sei kein Mörder. Das finde ich ja so zynisch daran, denn Kate hat auch aus Verzweiflung gehandelt, aus einer Notlage heraus - das ist nicht niederträchtiger als jemandem im kampfeinsatz zu töten, obgleich es einen formellen Unterschied gibt.
AntwortenLöschenIn der Apokalypse gab es allerdings nur ein schwarzes Pferd - das des zweiten Reiters, der Hungersnot. der erste Reiter, Jesus, hat ein weißes Pferd, der Tod ein aschgraues und der Krieg ein rotes.
Wenn ich ganz ehrlich bin, glaube ich nicht, dass dieses Pferd noch einmal von größerer Bedeutung sein wird. Für die Mythologie von "Lost" ist es vermutlich eher unwichtig.
Es ist zumindest nicht wichtiger als der Hulrey-Vogel oder andere Erscheinungen der Losties. Ich denke es wird im GEsamtbild keine Bedeutung haben, aber halt eines der Teile sein, die erst nach der letzten Staffel endgültig verstanden werden. Vielleicht war es wirklich Jacob oder aber "Samuel", das trifft aber sicher auch auf viele andere Dinge zu. Von daher ist die Wichtigkeit dieses Pferdes sicherlich zu vernachlässigen. Dennoch ist es irgendwie ein Symbol, schon allein durch die Farbe schwarz. Die ist ja nun zweifelsohne sehr symbolhaft für das Böse, Unheil und Tod und auch in Lost spielt sie eine Rolle. Von daher ist es schon clever gemacht, das Pferd so zu färben. Aber das wird hier sicher keiner bestreiten.
AntwortenLöschenJa, wenn er sagt, er sei kein Mörder, dann macht das die Sache nur noch schlimmer.
AntwortenLöschenIch glaube auch nicht, dass das Pferd eine größere Rolle spielt und wollte eigentlich nur zur Symbolik etwas sagen. Bin nicht so bibelfest, war mir aber sicher, dass zumindest ein schwarzes Pferd in der Apokalypse vorkommt. Wie du schon sagst, vermutlich sowieso nicht wichtig.
@elli
AntwortenLöschenFalls es dich tröstet: ich hab in der 13 mal ein Referat über die Offenbarung des Johannes gehalten, sonst hätte ich das auch nicht so parat gehabt ;-)
Schwarz muss nicht zwangsläufig für das Böse stehen. Bei den alten Ägyptern war es die Farbe von Anubis und der war nun alles andere als böse. Die Anderen tragen zum Beispiel auch weiße Totenkleidung. Ich weiß nicht: Irgendwie ist mir das mit schwarzes Pferd = böses Pferd irgendwie zu billig.
Was ich mich auch seit dem ersten anschauen der Folge frage ist ob Kate denn nun von Wayne auch missbraucht/vergewaltigt wurde oder nicht. Ich gehe zwar stark davon aus aber kann mir auch nicht sicher sein.... es war ja trotz der 2 Andeutungen in der Folge nie ganz klar , oder ?!
AntwortenLöschenWas meinst du dazu ???
Sie sagt ja sehr energisch: "Das hätte er nie gewagt", als Mars so eine Andeutung macht. Ich denke allerdings es wäre wohl nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er auch das versucht hätte, denn er beginnt ja, kurz bevor sie ihn umbringt, durchaus solche Anwandlungen zu entwickeln. Aber passiert ist es zum Glück wohl noch nicht... wobei es für sie wohl schlimm genug gewesen sein dürfte, mit der Angst vor der bloßen Möglichkeit zu leben.
AntwortenLöschen@Anubis,
AntwortenLöschenes ging ja auch weniger nur um die Farbe schwarz als vielmehr um die Symbolik des scharzen Pferdes. Und wenn es völlig nichtssagend wäre, hätte man sich ja die Mühe sparen können, das Pferd extra einzufärben. Dann wäre es eben einfach nur irgendein Pferd gewesen. Ich meine nur, irgendwas wollte man damit sicherlich erreichen. Ob es das ist, was ich oben gesagt habe, sei natürlich dahingestellt.
Bin mit Jagdgesellschaft noch nicht so weit gekommen, hab grad viel um die Ohren. Werde aber heute abend weitermachen.