Freitag, 16. Oktober 2009

"I'm good at putting bits and pieces together"

Tag 24 – 15.10.2009:

Drei Tage Mini-Urlaub sind nun um. Hätte schon eher wieder geschrieben, aber nachdem ich endlich den Computergegner beim PC-Schach besiegt hatte, ist hier alles in die Luft geflogen. An diesem kleinen Scherz ist in einem Punkt, was Wahres dran: ich komm mir langsam echt vor wie ein Dharma-Mitglied (okay, seit dem ARG vom letzten Jahr bin ich auch eines^^), allerdings nicht aus der Flamme, sondern aus der Perle. Schließlich sitze ich auch Tag für Tag vor einem Fernseher und schreibe Notizheftchen voll – das Internet ist meine Rohrpost. Zum Glück wird das hier aber wenigstens gelesen.

Wie habe ich meinen Lost-Urlaub also wirklich verbracht? Ich habe was wegen meiner blöden Bank geregelt, hab’ mir mal wieder eine Erkältung eingefangen, habe einige Staffel-5-Folgen für neue Fan-Videos von VHS auf DVD gezogen (der Festplattenrecorder steht bei mir, doch FOX empfangen wir nur über den Kasten im Wohnzimmer) und ich habe ein paar DVDs, die ich mir bei (Achtung! Schleichwerbung) amazon bestellt hatte, geguckt. Bei „X-men Origins: Wolverine“ hab ich zwischenzeitlich gedacht: Bist du jetzt doch wieder bei „Lost“? Die zwei Pappnasen da kennst du doch, aber Keamy hat ganz schön zugenommen! Bei „Ausländer raus! Schlingensiefs Container“ (ist schon etwas älter, hab ich aber jetzt erst bestellt und geguckt) dachte ich aber nachher auch an „Lost“. Warum? Zur kurzen Erläuterung: Dieser BigBrother-like Container war eine Kunstinstallation von Christoph Schlingensief im Jahr 2000 in Wien. Die FPÖ war als erste rechtsextremistische Partei in Europa seit dem zweiten Weltkrieg neu in eine Regierungskoalition gewählt worden. Anstatt zu demonstrieren, baute Schlingensief im Rahmen der Wiener Festwochen einen Container mit FPÖ-Fahnen und einem großen Schild „Ausländer raus“ neben die Oper und ließ darin wie bei „BigBrother“ Asylbewerber (die auch in der Realität oft derart untergebracht sind) wohnen. Über Telefon und Internet konnten die Österreicher dann Asylbewerber aus Container und Land rauswählen. Was hat das jetzt mit „Lost“ zu tun? Die Strategie! Anstatt zu sagen: „Die FPÖ ist rechtsextremistisch!“ (das wäre verpufft), spielt er öffentlich deren Ansichten vor und das eigentliche Experiment findet dann davor statt: Wie wird reagiert? Wer durchschaut, dass es nur Show ist? Wo hört die Inszenierung auf und beginnt die Realität? Letztlich brachte mich das – abgesehen von der politischen Brisanz und künstlerischen Genialität – wieder zu der Frage: Was ist bei „Lost“ Schein und was Sein? Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass „Samuel“/Man in Black der Böse ist und Jacob der Gute. Aber es wurde auch drei Staffeln alles so dargestellt als seien die Anderen und Ben die Bösen, doch die arbeiten ja für Jacob und zwar nach bestem Wissen und Gewissen. Oder gibt Jacob am Ende absichtlich fragwürdige Befehle und wartet darauf, dass irgendjemand – also Ben – irgendwann mal sagt: „Mir reicht’s!“ denn wenn dem so wäre, hätte „Samuel“ Jacob wirklich einen Gefallen getan, als er Ben noch zusätzlich aufstachelte und dazu brachte, ihn zu töten. Bei einem übernatürlichen Wesen wie Jacob, kann man wohl davon ausgehen, dass der Tod zwar den Einfluss auf die Welt der Lebenden unterbindet, aber nicht das Ende für Jacob bedeutet und er den Tod daher nicht fürchten musste – schon gar nicht, wenn er sein Ziel dadurch erreicht. Ist der Man in Black am Ende der linke Demonstrant, der vor dem Container steht und sich über die Fremdenfeindlichkeit der Installation beschwert, ohne zu merken, dass er damit selbst zur Installation wird und obendrein das anprangert, was den Spiegel vorhalten will. In der Bibel ist schließlich auch der Teufel ein Teil von Gottes Plan und wird als Antagonist unfreiwillig zum Instrument. Könnte das nicht auch auf „Samuel“ zutreffen? Ist das, was er für sein Schlupfloch hielt, in Wahrheit Jacobs Schlupfloch, um ihn zu widerlegen? Denn wenn Ben Jacob stürzt, weil er ihn gezwungen hat, all diese grauenvollen Dinge zu tun, bewiest Jacob dann damit nicht, dass die Menschen im Grunde doch gut sind? Wenn Jacob Böses verlangt, damit einer der Anderen sich dem widersetzt, weil er es nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren kann, hat Jacob damit doch bewiesen, dass die Menschen nicht nur kämpfen, zerstören und vernichten!

Bevor ich aber dann nun zu der aktuellen Folge „Verfluchte Zahlen“ /„Numbers“ (nicht zu verwechseln mit „Numb3rs“ – das ist eine unabhängige Serie) übergehe, will ich den politisch und soziologisch interessierten unter euch diesen Film sehr ans Herz legen. Man lernt daraus viel über die Menschen, auch wenn man glaubt, das meiste schon zu wissen. Jetzt aber zu Hurley und den Zahlen

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Die Review wird dieses Mal hauptsächlich aus vielen gesammelten Einzelheiten bestehen, denn es gibt in der Folge viel, das mir auffällt, aber wenig, das mir einfällt. Beginnen wir mal bei den Zahlen selbst. Zunächst einmal wurden sie in dieser Folge besonders oft versteckt: Hurley gewinnt den Jackpot nach 16 Wochen ohne Gewinner, Tito (als er vor laufenden Kameras stirbt, hat Tricia Tanaka Hurley übrigens gerade eine Frage gestellt) wurde vor 4 Jahren den Schrittmacher eingesetzt, beim Brand in der Turnschuhfabrik starben 8 Menschen, Leonard spielt „4 gewinnt“, Sam Toomey brachte sich 4 Jahre, bevor Hurley bei seiner Frau war, um und vor 16 Jahren hörten er und Leonard den Funkspruch und so weiter und so fort. Hurleys Fragen an Rousseau beschäftigen uns auch heute noch: Woher kommen die Zahlen? Woher haben sie ihre Macht? Okay, in „The Lost Experience“ war davon die Rede, es seien numerische Werte aus einer Weltuntergangsgleichung von Enzo Valenzetti. Aber kann das alles sein? Überhaupt: Wir haben verdammt lange nichts mehr von Alvar Hanso gehört – wäre derzeit übrigens einer meiner drei Kandidaten für den Ökonom (neben Francis Heatherton und „Samuel“ – fortschritts- und technologiefeindlich, Feind von Ben und Jacob etc.). Lange dachten wir ja, es bestünde ein Zusammenhang zwischen der Bedeutung der Zahlen und ihrer Verwendung im Schwan. Doch scheint es eher zufällig zu sein, dass sie an der Luke auftauchen: Sie sind eine Art Seriennummer. Warum sollte man dann nicht, als der Schwan gebaut war und man den Computer installierte, die Kennnummer der Station als Code verwendet haben? Denn wenn der Funkturm gar nicht von der Dharma gebaut und genutzt wurde, wie Rousseaus Berichte nahe legen, wäre es doch denkbar, dass die Verwendung durch die Dharma ebenso „zufällig“ wie jeder andere Gebrauch der zahlen ist und ihr eigentliches Geheimnis, ihre eigentliche Macht mit der Dharma-Initiative wenn überhaupt nur ganz entfernt zu tun haben. Wir können doch eigentlich davon ausgehen, dass die großen Mysterien (Zahlen, Jacob, „Samuel“, Christian, Rauchmonster, die Insel selbst, das Rad etc.) alle auf eine gemeinsame Lösung hinauslaufen. „But the numbers – did you ever find out anything about them? Do you know where they got their power?“ („Aber die Zahlen – hast du je irgendetwas über sie herausgefunden? Weißt du, woher sie ihre Macht haben?“). Ja, woher haben sie ihre Macht? Ich hab mal etwas recherchiert und mal geguckt, was welche Zahlen so alles bedeuten können bzw. wo sie in Mythologie, Aberglaube und Religion auftauchen. Die 4 hat in fast allen Kulturen besondere Bedeutung. Zunächst einmal steht sie für die vier Himmelsrichtungen (bei den Ägyptern somit auch für die Seiten des Benben-Steins), bei den Griechen aber auch für die vier Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Luft) und in China ist sie eine Unglückszahl, weil die Wörter für „vier“ und „Tod“ im Chinesischen fast gleich klingen. Jeder, der von Chemie etwas Ahnung hat, weiß, dass ein Atom zwar maximal acht Außenelektronen hat, aber eine gleichmäßige Anordnung von Bindungen ein Tetraeder ist, also der einzige gleichmäßige, dreidimensionale Körper mit genau vier Ecken und vier Seiten. Die 8 ist noch symbolträchtiger. Bei den Griechen symbolisiert sie die materielle Welt und Gerechtigkeit, ist aber auch die Zahl des Gottes Kronos, des Beherrschers der Zeit (zumindest in den Überlieferungen, in denen er mit Chronos gleichgesetzt wird), welcher aus Angst gestürzt zu werden seine Kinder verschlang. In den monotheistischen Religionen ist die Acht die Zahl des (glücklichen) Neuanfangs. Ferner wurden acht Menschen durch Noahs Arche gerettet – nebenbei: wisst ihr noch wie viele Menschen die Searcher am Ende von Staffel 4 aufgelesen hat? Ihr ahnt es sicher: Acht – Jack, Kate, Sayid, Hurley, Sin, Aaron, Frank und Desmond. Bei der 15 finde ich zugegebenermaßen nichts interessantes, was über mathematische Besonderheiten hinausginge. Es gibt aber zumindest 16 christliche Propheten – ist ja auch was wert. Aber jetzt kommen wir zur 23. Um keine Zahl ranken sich so viele Verschwörungstheorien und Mysterien. Sie enthält die drei kleinsten Primzahlen: 2; 3 und 5 (2+3=5). Und was haben eigentlich die Illuminaten mit der 23 zu tun? Mehr als man denkt. zumindest gilt die 23 als ihre Zahl. Die 42 letztlich bildet in der ägyptischem Mythologie die Anzahl der Richter beim Totengericht. Und natürlich ist 42 die Antwort auf die letzte Frage.

Die Zahlen haben also vielleicht auch mythologischen Ursprung und leiteten Danielle Rousseau und ihr Team zur Insel und vielleicht auch andere. Man sendet ja nicht permanent sechs Zahlen von einem Funkturm aus ohne dafür einen Grund zu haben. Warum könnte der Grund für diesen Funkspruch also nicht genau das sein: Menschen zur Insel lotsen. Und wenn das der Zweck der zahlen ist und die Anderen den Funkturm nicht (mehr) nutzen, sondern sich eine Leitsignals im Spiegel bedienen, gibt es nur drei Möglichkeiten: Die Anderen nutzten den Funkturm und bestückten ihn als Leitsignal mit den Zahlen, bis sie den Spiegel unter ihre Kontrolle gebracht haben. Das würde allerdings voraussetzen, dass Charles – wie Ben – seine Leute auch auf Missionen außerhalb der Insel schickte oder sie von irgendwo rekrutierte. Die zweite Möglichkeit: Jacob selbst hat den Funkturm installiert. Wir wissen, dass er zyklisch immer wieder Menschen auf die Insel holt: die Black Rock, die Losties und vermutlich auch die Dharma. Doch wäre das Senden dieser Nachricht eine ziemlich wahllose Angelegenheit und nicht gerade sinnvoll, wenn man gezielt nach guten Menschen sucht, die nicht alles in Schutt und Asche legen. Damit wären wir bei Möglichkeit Nummer drei: Möchte man bewiesen, dass Jacob falsch liegt und die Menschen schlecht sind, gibt es drei Möglichkeiten: entweder wartet man, bis Jacob es von alleine drangibt, man bringt ihn um, ehe er Erfolg hat, oder man tritt den Gegenbeweis an. Da das alles nicht so leicht ist, müsste man mehrgleisig fahren, um so schnell wie möglich zu gewinnen.

Gehen wir nun aber mal weiter zu den Auswirkungen, die die Zahlen auf Hurley hatten: sein Großvater stirbt, auf der Beerdigung wird der Priester vom Blitz erschlagen, die Freundin seines Bruders brennt mit einer Kellnerin durch, die neue Villa fängt an zu brennen, seine Mutter knickt sich den fuß um, er wird mit einem Drogenboss verwechselt, in seiner Turnschuhfabrik bricht ebenfalls ein Feuer aus und im Bürogebäude seines Anlageberaters springt einer ausm Fenster. Was mir aufgefallen ist, ist hier vor allem die Musikuntermalung: leicht skurril, beschwingt, als wollte das Orchester sagen: „Und schon wieder einer!“ Diese Unglücksfälle werden zynisch und morbide inszeniert und überhaupt wird die ganze Folge von tiefschwarzem Humor durchzogen.

Doch betrachtet man die Folgen des Fluches fern der Insel genauer fallen noch einige interessante Details auf. Ich war wohl nicht der einzige, der sich beim Brand der Villa und den dichten Rauchschwaden, die aus dem Fenster stiegen, an das Monster erinnert fühlte. Wäre an und für sich nur eine belanglose Assoziation, wenn sie mich nicht auf einen Gedanken gebracht hätte: Es ist ja noch nicht lange her, dass ich mich mit dem Motiv des Feuers beschäftigt habe, das auch in dieser Folge sehr präsent ist. Wenn das Feuer also Jacob symbolisiert bzw. mit ihm in Zusammenhang steht, könnte der Rauch als das tote Produkt eines Brandes uns endlich einen Hinweis darauf geben, warum das Monster als schwarzer Rauch erscheint und nicht etwa als brennender Dornbusch, Feuerwalze, Lichtwesen oder komischer Wasserschlauch. Qualm ist nichtsweiter als Asche, die von der heißen Luft mitgenommen wird – ein Aerosol, ein Stoffgemisch aus Feststoff (Kohlenstoff/Asche) und Gas (Luft, Sauerstoff, Stickstoff, CO2.... was auch immer). Feuer, Asche, schwarzer Rauch – alle drei tauchen (oft unabhängig) als Leitmotive immer wieder auf. Feuer und Rauch sind nahezu untrennbar verbunden, denn bei jedem Brand entsehen irgendwelche neuen Stoffe – meist Abgase/Qualm. Und doch sind sie gegensätzlich, denn während das Feuer wärmt und für uns lebenswichtig ist (ohne Feuer, Luft, Erde und Wasser ist komplexes Leben einfach nicht möglich), ist Rauch immer kalt und todbringend.

Wiederum sehr amüsant ist der Dialog zwischen Hurley und seinem Vermögensberater Ken. Da wäre zunächst einmal ein wiederkehrender Dialog, der so ähnlich in „Fährtensucher“ vorkam: Boone: „A box company?“ – Locke: „They made boxes“. Im Vergleich dazu „Verfluchte Zahlen“: Hurley: „A box company?“ – Ken: „Mmmh, they make boxes...“. Und nein, das werde ich nicht übersetzen – man kann es auch übertreiben. Wirklich gelacht habe ich aber bei: „What, you don't believe in jinxes? You know, curses?“ – „I'm an accountant, I believe in numbers.“ („Was, Sie glauben nicht an Unglücksbringer? Sie wissen schon, Flüche?“ – „Ich bin Buchhalter, ich glaube an Zahlen.“) In diesem fall wohl ein und dasselbe, meint ihr nicht?^^

Kommen wir zu weiteren bemerkenswerten Sätzen. Leonard sagt „You opened the box.“ („Du hast die Büchse/Kiste geöffnet!“) Zum einen ist dies wohl eine Anspielung auf die Büchse der Pandora, die alles Unheil, aber auch die Hoffnung in sich barg. Diese Büchse gab Zeus der Schwägerin des Prometheus, nachdem dieser das Feuer gestohlen hatte, und wies sie an die Büchse niemals zu öffnen. Von Neugierde überkommen tat sie es doch und alles Schlechte entwich der Büchse: Krankheit, Unheil und Tod, denn bis die Büchse geöffnet ward, waren die Menschen wie die Götter unsterblich. Als Pandora die Büchse ein weiteres mal öffnete entwich auch die Hoffnung. Da ich letztens Jacob mit Prometheus verglich, würde sich hier ein weiterer mythologischer Bezug anbieten. Der Fluch der Zahlen als Strafe für Jacobs Versuch den Menschen zu helfen, würde ebenfalls für „Samuel“ als Urheber der Zahlen sprechen. Des weiteren wird in der Sage Ungeduld und Neugierde bestraft. Natürlich verbirgt sich hier aber auch eine ganz andere Botschaft, die nicht unbedeutend für das Spiel zwischen Jacob und seinem Widersacher ist: Ohne leid, sind weder Hoffnung, noch wahres Glück möglich. Wie will man das Gute würdigen, wenn man das Schlechte nicht kennt? Gut und Böse, Ordnung und Chaos, Hell und Dunkel, Maat und Isfet, Jacob und „Samuel“, Schwarz und Weiß, Ben und Charles, Gefühl und Verstand, Glaube und Wissenschaft – all diese Gegensatzpaare erlangen erst in Kenntnis des jeweils anderen Bedeutung und können auch nur aneinander gemessen werden.

Ferner stellt die Wortwahl Leonards sowohl einen Bezug zur „Magic Box“ als auch zu der „box company“ her. Leider ist das im Deutschen gänzlich verloren gegangen, da er in der deutschen Fassung „Büchse“ sagt, aber Ben von einer „Kiste“ spricht und von einer „Verpackungsfabrik“ die Rede ist. Bin ich eigentlich der einzige, der bei Verpackungsfabrik immer an die Simpsons-Folge mit dem Schulausflug in die Kartonagenfabrik denken muss? Leonard erwähnt außerdem Sam Toomey, woraufhin Hurley dessen Frau aufsucht. Deren Begrüßung ist schon wieder goldwert: „If this weren't the middle of nowhere, I'd say you were lost.“ Von Martha Toomey erfahren wir einiges über den angeblichen Fluch der Zahlen und wie es Sam damit erging – alles nichts neues. Einzig die Tatsache, dass Sam selbst sich nur durch Suizid aus dem Fluch befreien konnte, ist in Hinblick auf Hurley ganz interessant und wir werden uns das auch noch mal ansehen. Was aber viel wichtiger ist, ist das, was Martha über den Ursprung der Zahlen erzählt, wo und wie Sam und Lenny sie gehört haben. Sie waren in der U.S. Navy im Südpazifik stationiert. Bei jedem, bei dem das Glöckchen jetzt nicht Sturm läutet, sollte mal wer die Lebenszeichen überprüfen. Marthas Informationen sind nur Hörensagen. Wir haben keinen Beleg dafür, dass die 16 Jahre stimmen, noch dafür, dass Sam und Lenny die Zahlen zufällig hörten. Waren sie aber wirklich im Südpazifik als Nachrichtenoffiziere der U.S. Navy stationiert, ist es wohl nicht zu viel gewagt einen Zusammenhang mit den Truppen zu vermuten, die 1954 auf der Insel waren, um Wasserstoffbomben zu testen. Das Militär der Vereinigten Staaten weiß offenkundig von der Existenz der Insel und womöglich sogar wie man da hin kommt.

Alles weitere im Gespräch zwischen Hurley und Martha läuft eigentlich nur wieder auf das alte Glaube-Gagen-Verstand-Spielchen hinaus – im Vergleich zu der restlichen Folge etwa so spannend wie die 108te Wiederholung von „Deutschlands dümmste Bildstörungen“.

Also auf zur Gegenwartshandlung, back to the Island!!! Hier fällt nun ziemlich deutlich auf, dass der Fluch der Zahlen auch seine Vorteile hat – wie Jacob schon nahe legte: Was wäre, wenn Hurley nicht verflucht, sondern gesegnet wäre? Hurley ist nämlich praktisch unverwundbar. Er übersteht mit Leichtigkeit Rousseaus Falle, wird nicht erwischt, als Danielle auf ihn und Charlie schießt, und überquert trotz seines Gewichts (bevor sich einer beschwert: bin selbst übergewichtig, ich darf das^^) die Hängebrücke, die bei Charlie – wie sollte es auch anders sein – zu Bruch geht. Apropos Hängebrücke: Wer hat die eigentlich gebaut? Ich weiß, das erörtern Jack und Sayid auch, aber die Meinung von den zweien interessiert mich schon lange nicht mehr – allein schon wieder diese Vorwürfe und Unterstellungen als Hurley mit den Karten und Notizen weg ist. Die Brücke ist ziemlich provisorisch aus ein paar krummen Brettern und Seil in MacGyver-Manier zusammengeschustert und wirkt daher nicht wie etwas, was die Anderen bauen würden. Danielle hingegen nutzt alles, was sie auf der Insel findet, um sich daraus ein behelfsmäßiges Equipment zu basteln. So baut sie sogar ein „Securitysystem“ (man denke an ihre Bemerkung über das Monster) für ihr falsches Lager, damit dieses in die Luft fliegt, wenn sich jemand nähert. Überall stellt sie Fallen auf oder tarnt Fallen mit falschen Fallen. Das mit dem verlassenen und vermimten Lager ist nicht nur ein Trick, den auch die Losties später beim Angriff der Anderen auf ihr eigenes Lager nutzen, sondern auch ohne Explosion eine gern genutzte Strategie in „Lost“: man gaukelt dem Gegner vor, sein Ziel erreicht zu haben und noch ehe er Verdacht schöpft, ist er schon in die Falle getappt.

Und wo wir gerade bei Fallen sind. Als Claire mit John an der Wiege baut, denkt sie zunächst, sie würden eine Falle basteln. So Unrecht hat sie damit nicht einmal. Die Falle ist jedoch nicht für die Tiere, sondern für Claire selbst. John gewinnt sie für sich und hat damit schon vier Anhänger um sich gescharrt.

Bevor ich nun zum Ende kommen, muss ich aber noch einmal die Lost-Macher für diese geniale letzte Einstellung mit den Zahlen an der Luke loben. Das war damals, als ich diese Folge das erste Mal sah, wirklich eine von den Stellen, wo man richtig Gänsehaut bekam.

Wenn ich jetzt mal so auf die fertige Review zurückblicke (Wortspiel für all jene, die des Englischen mächtig sind), stelle ich fest, dass meine eingangs geäußerte Annahme es würde in einer Aneinanderreihung von einzelnen Fakten enden, selten so daneben lag. Wenn ich im Mai feststelle, dass ich bei der Einschätzung von „Lost“ ähnlich treffsicher war, wie bei der meiner eigenen Reviews, mache ich folgendes: Ich kauf mir ein schönes, langes Kabel, buche ein Hotelzimmer und warte dann da auf Ben... oder ich besorg mir ’ne Schrothflinte. Wobei Ben macht nachher noch sauber, während die Schrothflinte eine Riesen-Sauerei macht, denn wie sagte schon Dieter Nuhr: „Hirn ist Hirn und klebt!“ Aber wo nix is...^^

5 Kommentare:

  1. Weils mir gerade so auffällt, wird Schrotflinte nicht ohne das "h" geschrieben?

    Aber ansonsten natürlich wieder sehr gut, fand die Folge sehr schön. Nichts wirklich neues entdeckt, außer dass mir Locke immer suspekter vorkommt. Ich finde es schon ziemlich beängstigend, wie er so vorgeht. Ansonsten hast du wieder alles gesagt, was wichtig ist, weiter so.

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  2. Ja, kann sein, dass man es ohne "h" schreibt. Muss daran liegen, dass ich mal einen Therapeuten hatte, der Schroth hieß und ich immer dachte: "Hätte ich nur gleichnamige Flinte dabei!"

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  3. Das ist natürlich eine sehr gute Begründung :-) Aber ich kenne auch jemand, der Schroth heißt (sicher nicht der gleiche), hab auch erstmal überlegen müssen.

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  4. Wieder großes Kompliment meinerseits! Super gemacht! Mir fällt da auch nichts Großes mehr ein, was man da noch hinzufügen könnte. Nur zu der Frage "Bin ich eigentlich der einzige, der bei Verpackungsfabrik immer an die Simpsons-Folge mit dem Schulausflug in die Kartonagenfabrik denken muss?":
    Nein das bist du nicht ;) Mir kommt bei diesem Wort auch immer sofort Barts Rote Mütze in den Sinn xD.

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  5. Stimmt, ich muß da auch immer an die Simpsons denken: "Kinder, anstatt in die Kartonagenfabrik zu fahren, habe ich beschlossen, daß wir eine Kartonagenfabrik besuchen!"

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