Dienstag, 13. April 2010

Once Upon a Time... - Review zu "Happily Ever After"

Ich hab mich gerade echt gewundert, dass meine Word-Rechtschreibprüfung mir zwar „Happily“ und „Ever“ unterkringelt, „After“ aber nicht – dann fiel mir ein: Das Wort gibt’s ja auch im Deutschen^^. Nach diesem etwas unschönen Start in die Review, starte ich lieber noch mal von Neuen und zwar so, dass es auch zum Titel der Folge passt:

Es war einmal auf einer fernen Insel, in einem fernen Land ein Schotte ohne Schottenrock, der hatte einen bösen Schwiegervater, aber keine bösen Stiefschwestern (sonst ja Mindestanforderung für jede Märchenfigur). Nachdem ihn der große, böse Wolf angeschossen hatte und der Schotte, den man übrigens bei dem Namen Desmond rief, erst im Hospiz gewesen war, hatte sein Schwiegervater ihn auf die Insel gebracht... .

Desmond wacht also in der Hydra auf und denkt er wäre noch im Krankenhaus (der Mann braucht dringend ’ne Brille... oder er fürchtet, die Ärzten hätten festgestellt, dass er Kassenpatient ist, und ihn deshalb verlegt), bis Charles ihm eröffnet, er sei wieder auf der Insel – was streng genommen nicht einmal den Tatsachen entspricht, denn NOCH ist Desmond ja auf der kleinen Nachbarinsel. Nichtsdestotrotz beginnt Desmond seinem Schwiegervater auf die unbehaarte Rübe einzudreschen. Charles pfeift seine Männer, die Desmond prompt angreifen, überraschender Weise zurück.

In den nächsten Minuten dieser Folge wird klar, dass die elektromagnetischen Felder auf der Insel ein entscheidender Faktor im Kampf mit MiB darstellen. Da er an den Sonarzäunen scheitert und auch auf der Insel festsitzt, würde ich fast vermuten, dass da ein Zusammenhang besetzt und „Samuel“ prinzipiell so seine Probleme mit derartigen Kraftfeldern hat. Bereits in „The Package“ fragt Zoe Jin nach den elektromagnetischen Feldern auf der Insel. Nun hat Widmores Team eine komische Apparatur mit zwei riesigen Elektromagnetspulen, die wohl noch aus Tagen der Dharma stammt, rekonstruiert oder repariert. Das Teil sieht aus wie eine Kreuzung aus dem Raptorentransportkäfig aus der Eröffnungssequenz von „Jurassic Park“ und dem Intrinsic Field Subtractor in „Watchmen“, der Jon Osterman grillt und zu Dr. Manhattan macht. Ich denke besonders die zweite Analogie ist durchaus beabsichtigt und soll ein Verweis auf Desmonds Fähigkeiten sein, denn auch Dr. Manhatten begreift die Zeit – sofern es sein eigenes Erleben betrifft – mehr als Reihenfolge der Ereignisse, die für ihn irgendwie gleichzeitig und doch nacheinander geschehen. Es ist ja nicht die erste Anspielung auf „Watchmen“ in „Lost“. Auch die Teleportation nach Benuzung des Rades spielt auf „Watchmen“ an, denn sowohl Laurie als auch Ben und John müssen sich nach der Teleportation (stets) übergeben. Auch der Unfall, der Desmonds „Reise“ voran geht hat große Ähnlichkeit mit dem Ostermans.

Nachdem also einer von Charles’ Arbeitern in der Kammer „vergessen“ und gegrillt wurde, stecken sie Desmond in die überdimensionale Mikrowelle und ketten ihn an einen alten Holzstuhl (IKEA-Modell „Jåcöb“ – derzeit läuft da ein Sonderangebot und man bekommt beim Kauf von zwei dieser Stühle einen Tisch BëňLıňǘş gratis obendrauf). Widmore kündigt Des bereits an, er werde ihn um ein Opfer bitten, wenn der Test vorbei wäre. Desmond fragt provozierend, was Charles schon von „Opfern“ wisse (ja, kommt uns bekannt vor die Frage => Eloise vor dem Krankenhaus), worauf Charles erwidert, sein Sohn sei zum Schutz der Insel hier gestorben, seine Tochter – Desmonds Frau – würde ihn hassen und seinen Enkel habe er nicht einmal kennen gelernt. Auf der einen Seite interessant, wie Charles sich mal wieder in Selbstmitleid suhlt, wenn ich so dran denke, was etwa Ben, Jacob, Ilana, Richard oder Desmond bereits für die Insel opfern mussten, auf der anderen Seite aufschlussreich, wenn man die Beziehung zwischen Desmond und Charles bedenkt und den Vergleich zu den Flash Sideways (die kommen ja gleich) zieht. Es scheint nun wahrscheinlicher denn je, dass Charles Desmond nie wirklich gehasst hat, sondern ihn einfach in eine bestimmte Richtung schubsen musste. Seitdem Desmond auf der Insel war, behandelt Charles ihn schließlich mit ausgesprochen viel Respekt und so wäre es nur logisch, dass die Show, die er zuvor abzog, ein notwendiges Übel war. Nichtsdestotrotz ist Charles weiterhin nicht gerade vertrauenswürdig und man sollte alles, was er so von sich gibt, mit viel Vorsicht genießen. Denn eines ist mittlerweile offensichtlich: er weiß sehr viel mehr als sein Nachfolger je wusste, was allerdings eher ein Argument für als gegen dessen Sonderstellung ist. Wer außer Jacob selbst kann schon sagen, was in dem Konflikt zwischen Charles und Ben Teil des Plans war und was nicht?

Desmond zieht nun zumindest so eine Nummer durch wie Jodie Foster in „Contact“ und verschwindet für sehr lange Zeit, obwohl auf der Insel nur Sekunden verstreichen. Desmond reist aber nicht zu einem Strandspaziergang mit Dad, sondern in die LAX-Timeline. Anders als bei seinen Zeitreisen scheint er hier aber keinen Einfluss auf das Geschehen nehmen zu können, sondern wird zum Zuseher seines anderen Lebens, sieht – zumindest scheint es so – die Alternative Realität durch die Augen seines Alter Ego. Sofern uns das nur suggeriert werden sollte und Desmond während seiner Zeit zwischen den Psycho-Magnetspulen etwas ganz anderes erlebt hat, stellt sich die Frage, was das gewesen sein könnte. So oder so wird es nun Zeit für das (bisher) längste Flash Sideway in der Geschichte von „Lost“ – warum auch nicht? Desmond war ja schließlich auch der erste, der praktisch eine komplette Episode für seine Rückblende bekam.

Wir befinden uns wieder am LAX und es ist der 22.September 2004 – Oceanic Flug 815 ist soeben gelandet und Hurley teilt Desmond mit, wo sie ihre Koffer abholen müssen; Gepäckkarussell VIER (es läuft im Kreis, bis alle Teile ausgesiebt sind – ist der Leuchtturm also ein astrales Gepäckkarussell?). Hier trifft Des gleich auf noch einen alten Bekannten oder besser gesagt eine alte Bekannte...oder noch besser eine Alt-Bekannte^^. Er redet kurz mit Claire und meint, als sie sich trennen, das Kind werde ein Junge. Schlägt hier jetzt der Desmond aus der Crash-Timeline durch oder ist diese Vorahnung ein erstes Anzeichen dafür, dass Desmond diese andere Realität (also für uns ja eigentlich die Originalzeitlinie – aber das ist wohl wie so vieles eine Frage des Blickwinkels) einzuholen beginnt? Desmond wird von Minkowski am Flughafen aufgegabelt und zu Charles Widmore gefahren, dessen Adjutant Desmond in dieser Zeitlinie ist. Da drängen sich doch einige Fragen auf. Allen voran: Warum ist Charles überhaupt in LA und nicht auf der Insel? – Ja, ich weiß, weil sie untergegangen ist. Aber wenn Charles noch lebt, muss er sie zuvor verlassen haben. Da Ben in dieser Zeitlinie aber eindeutig nicht der Anführer der Anderen ist und es wohl nicht einmal zur Säuberung kam, muss man sich doch fragen, was Charles zum Gehen bewegt haben sollte und in welchem Verhältnis er zu der Insel steht. Ebenso merkwürdig ist es, dass sich in seinem Leben auf den ersten Blick nicht viel geändert hat. Da schließt sich gleich die nächste Frage an: Wenn Desmond Charles nicht über dessen Tochter kennen lernte, wie dann? Eloise gibt uns hierauf später eine mögliche Antwort: Desmond wollte Charles’ Wohlwollen und Anerkennung. Es scheint also wirklich so, dass die Alternative Zeitlinie den Losties das, was sie sich vermeintlich/oberflächlich am meisten gewünscht haben, erfüllt: Kate ist frei, Jack hat einen Sohn und kann seine Vaterqualitäten unter Beweis stellen, Ben kann sich für Alex und gegen Macht entscheiden und kommt ferner mit seinem Vater klar, James ist ein rechtschaffener Mann, Miles ebenso, Hurley hat Glück und kein Pech, Sayid konnte Nadia wohlauf wiedersehen, Sun und Jin sind gemeinsam in die USA geflohen, John hat Helen & seinen Vater, Desmond hat Charles’ Anerkennung, Dogen hat seinen Sohn, Claire hat Aaron, Charlie lebt und ist noch immer ein Rockstar, Daniel ist Musiker und kein Physiker, Charlotte kehrte nie auf die Insel zurück, Charles hat Penny, Eloise und Daniel, Cindy behält ihren Gary.... nur Rose, Keamy, Mikhail und Omar sind weiterhin dem Tode geweiht. Doch wie Charlie feststellt, ist dieses Glück nicht echt, falsch – die Welt ist anders als sie seien sollte. Aber dazu später mehr. Bleiben wir zuvor noch einen Moment in Charles’ Büro, denn dort hängt ein Bild von „Samuels“ Waage mit dem schwarzen und weißen Stein in ein abstraktes Farbenwirrwarr verpackt. Allerdings würde ich dieses Gemälde mal unter Easteregg verbuchen und das nicht zuletzt, weil Ostern gerade mal eine Woche her ist ;-). Weitaus symbolträchtiger und wichtiger ist da wohl der Whisky, von dem Charles Desmond in dieser Realität etwas anbietet: „Nothing's too good for you.“ („Für dich is’ nichts zu schade!“). In der Crash-Timeline klang das noch ganz anders – wir erinnern uns: „This is a 60 year MacCutcheon, named after Anderson MacCutcheon[...]. Admiral MacCutcheon was a great man, Hume. [...] To share it with you would be a waste, and a disgrace to the great man who made it – because you, Hume, will never be a great man.“ („Dies ist 60 Jahre alter MacCutcheon, benannt nach Anderson MacCutcheon[...]. Admiral MacCutcheon war ein großer Mann, Hume. [...] Ihn mit Ihnen zu teilen, wäre eine Verschwendung und eine Schändung das großen Mannes, der ihn gemacht hat – denn Sie, Hume, werden nie ein großer Mann sein.“) Wie bereits angedeutet, könnte dieses damalige Gebaren Schau gewesen sein, denn betrachten wir die jüngsten Geschehnisse auf der Insel, so wäre Charles wohl der erste, der Desmond attestieren würde, zu Großem bestimmt zu sein. Letztlich führt es uns wieder zu der Frage: Was weiß Charles wirklich?

Jetzt will er vor allem, dass Desmond Charlie aus dem Knast auslöst und zu einer Party bringt, wo er mit Daniel zusammen spielen soll. Charlie scheint einen ungewöhnlich großen Todeswunsch zu verspüren, denn er watschelt, kaum ist er frei, quer über die starkbefahrene Straße und verschwindet in einer Kneipe, wo er Desmond anvertraut, wieso er nicht mehr sonderlich am Leben hängt bzw. sich nach dem Tod verzehrt. Grund ist die Nahtoderfahrung, die er im Flugzeug hatte, denn die ermöglichte ihm einen kurzen Blick auf sein Leben auf der Insel: er sah Claire. Charlie hat also eine Idee von dem bekommen, wie es sein sollte und ist somit der erste, der erkennt, dass ihm in der Alternativen Zeitlinie etwas fehlt: die Liebe. Doch hier stehen wir vor einem Problem, denn Locke etwa hat seine große Liebe nur in der LAX-Timeline. Ben hat in der Originalzeitlinie nichts, was er wirklich missen könnte. Komisch, dass es gerade diese beiden sind, denen es ohne Insel in diesen Punkten besser geht. Aber sind sie erfüllt? Ben und John sind wohl einfach an anderen Dingen interessiert als der Normalität. Ferner wissen wir bei Ben nicht, ob er in der LAX-Timeline je mehr von der wahren Liebe sah als auf der Insel. Doch Desmond, Charlie, Daniel, James, Kate, Claire, Juliet, Charlotte, Jack, Sayid, Charles, Jin und Sun müssen in der LAX-Timeline im weitesten Sinne auf ihre wahre Liebe verzichten.

Wenn man dem Tod nahe ist (oder in einen Spiegel guckt), scheint sich aber so etwas wie ein Fenster in die andere Realität zu öffnen, das durchaus in beide Richtungen funktioniert. So wie LAX-Charlie Claire sah, so sah Crash-Juliet auch irgendetwas, das sie zu der Überzeugung veranlasste, es habe funktioniert. Da Desmond Charlie aber nicht glaubt, dass die Dinge anders verlaufen sind, als sie es sollten, und dass es Zeit für eine kleine Kurskorrektur wird, beschließt Charlie zumindest den Kurs von Desmonds Wagen zu ändern – zuvor stellt er Desmond vor die Wahl: aussteigen oder sich zeigen lassen, was ihn auf der anderen Seite erwarten würde. Wie bei jenen Alternativen, die Desmond Charlie in der Bar vorschlug, oder Entscheidungen, vor die Jacob die Leute gerne stellt, existiert nicht wirklich eine Entscheidungsmöglichkeit und so gehen Des, Charlie und das Auto baden. Desmond entkommt aus dem sinkenden Wagen, taucht aber, kaum dass er an der Oberfläche war, wieder unter. Charlie versucht nicht einmal, aus dem Auto zu entkommen. Stattdessen presst er die Hand an die Fensterscheibe und prompt hat Desmond ein merkwürdiges Déjà-Vu, das ihn an „NOT PENNY’S BOAT“ erinnert und somit auch an Penny.

Desmond und Charlie kommen – wie sollte es auch anders sein – ins St. Sebastian Krankenhaus, wo Desmond unter anderem gefragt wird, ob er irgendwelche Halluzinationen hatte – Gute Frage, nächste Frage. Des wird zum MRT überstellt. Und hier muss ich die Lost-Macher mal wieder loben, dass sie dieses unsägliche MRT-Prozedere fast originalgetreu wiedergeben. Jeder, der schon mal in der Röhre war, weiß, dass es da drin eng und laut ist und man diesen lustigen Panikknopf bekommt, auf den man drücken soll, wenn etwas nicht stimmt. Was bei „Lost“ fehlte ist folgendes: Obwohl man den blöden Knopf hat, fragen die einen alle paar Minuten – und zwar immer dann, wenn man sich gerade eben so einigermaßen entspannt hat und trotz Geräuschen und Enge abschalten konnte – über die Kopfhörer: „Alles in Ordnung?“ Man ist immer versucht zu antworten: „Bis gerade eben schon, du dumme Kuh!“ (bei mir war es eine Krankenschwester). Bemerkenswert ist auch, dass das Rattern des MRT eine gewisse Ähnlichkeit mit einem der Geräusche von Smokey hat. Zumindest lösen die Magnetwellen auch in dieser Zeitlinie einen Flash bei Desmond aus (erinnerte mich sehr an den Film „The Jacket“ mit Adrien Brody und Keira Knightley): er sieht und hört Penny, drückt den Panikknopf und rennt nur mit einem Nachthemd bekleidet quer durch die Klinik und sucht Charlie. Dabei läuft er dann noch mal kurz Jack über den Weg, ehe er Charlie findet, der ihm rät, doch endlich nicht mehr über ihn zu grübeln, sondern Penny zu suchen.

Charlie verschwindet und Desmond soll nun Eloise Widmore (!) beibringen, dass das geplante Konzert nicht stattfinden kann. Desmonds Gespräch mit Eloise gestaltet sich dann jedoch als unerwartet und ausgesprochen merkwürdig: Er erzählt ihr, dass Drive Shaft nicht kommen werde, um mit Daniel zu spielen. Er entschuldigt sich, übernimmt die Verantwortung. Er macht sich schon auf ein riesiges Donnerwetter gefasst, doch Eloise nimmt’s gelassen und erwidert ihm dann: „Oh, not at all dear. What[ever] happened, happened. Thank you so much, Mr. Hume, for coming and telling me in person. A pleasure meeting you.“ („Oh, nicht doch, mein Lieber. Was [auch immer] passiert, passiert. Vielen Dank, Mr. Hume, dass Sie selbst hergekommen sind und es mir persönlich mitgeteilt haben. Es war mir ein Vergnügen Sie kennenzulernen.“) Okay, dieses rausgerutschte „What happened, happened“ könnte bloßer Zufall gewesen sein. Aber dann hört Desmond zufällig mit, als zwei Männer vom Catering die Gästeliste durchgehen, und da fällt auch der Name „Penny“ – die übrigens allein kommt. Desmond will daraufhin die Gästeliste einsehen, wird aber von Eloise daran gehindert, die zwei Männer zur Herausgabe zu nötigen. Sie stellt ihn unter vier Augen zur Rede:

Eloise: „Someone has clearly affected the way you see things. This is a serious problem. It is, in fact, a violation. So, whatever you’re doing, whatever it is you think you’re looking for...You need to stop looking for it.“ („Jemand hat offenkundig die Art und Weise, wie Sie Dinge sehen, beeinflusst. Das ist ein ernstes Problem. Es ist – tatsächlich sogar – ein Verstoß. Also, was auch immer Sie tun, was auch immer Sie glauben zu suchen... Sie müssen aufhören danach zu suchen.“)

Desmond: „Do you, do you know what I'm looking for, Mrs. Widmore?“ („Wissen Sie... wissen Sie, wonach ich suche, Mrs. Widmore?“)

Eloise: „I don't know why you're looking for anything? You have the perfect life. On top of it, you’ve managed to attain the thing you wanted more than anything: my husband's approval.“ („Ich weiß nicht einmal, warum Sie überhaupt noch nach etwas suchen? Sie haben doch das perfekte Leben. Als Krönung haben Sie es geschafft zu erlangen, was Sie mehr wollten als alles andere: das Wohlwollen meines Mannes.“)

Okay, ich denke, jedem dürfte hier eines sofort klar werden: die Frau weiß noch weit mehr als sie sagt und selbst das ist schon mehr, als alle anderen sich nur erträumen könnten. Wie schon bei seiner Zeitreise tritt Eloise Desmond gegenüber als eine Art Gralshüterin des Raum-Zeit-Kontinuums auf. Damals erklärte Sie ihm: „And if you don't do those things, Desmond David Hume, every single one of us is dead.“ („Und wenn Sie all diese Dinge nicht tun, Desmond David Hume, wird jeder einzelne von uns sterben.“) Darauf läuft es wohl immer hinaus: Tust du das und das nicht, geht die Welt unter. Besonders Desmond und Ben wurden wohl stets in dem Bewusstsein gehalten, dass sie nicht aufbegehren dürfen, weil sonst die Welt untergeht. Auch jetzt sagt Charles Desmond ja, dass er tun muss, worum er gebeten wird, weil sonst alles vorbei ist.

Eloise in der LAX-Timeline sagt zwar nicht, die Welt könne untergehen, sondern „nur“, dass Desmond nicht an dieser Realität zweifeln solle, denn sie sei doch so, wie er wollte. Man kommt sich langsam vor wie bei „Matrix“ und wartet nur darauf, dass Eloise die Agenten ruft oder Morpheus ins Zimmer marschiert kommt und Desmond sagt: „Hattest du mal einen Traum, der dir vollkommen real schien?“ Wie die Matrix scheint auch diese Realität ihre Lücken zu haben und nur das zu sein, was ein Wesen, das für die WAHREN Bedürfnisse der Menschen völlig unempfänglich ist, sich unter einer perfekten Welt vorstellen würde. Stellt sich nur die Frage, wenn Eloise das Orakel ist (und das ist sie zweifelsohne – Teil des Systems und der Kontrolle und dennoch menschlich), wer ist dann der Architekt. Am wahrscheinlichsten scheint der Mann in Schwarz, doch ist der ja doch recht einsichtig, was menschliche Bedürfnisse angeht, versteht die Menschen eigentlich sogar besser als Jacob. Ist am Ende vielleicht Jacob der Urheber und er wollte nach dem Sieg über MiB den Menschen geben, was sie sich wünschten und muss nun feststellen, dass er es nicht kann, weil der Mensch nie glücklich mit dem ist, was er sich zu ersehnen glaubt? Letztlich ist der Mensch doch so gestrickt: Im Sommer beschwert er sich, es sei zu heiß und er will, dass Winter wird, und ist der Winter da, nörgelt der Mensch, es sei zu kalt und solle endlich Sommer werden. Die Alternative Zeitlinie scheint nicht vom Bösen beherrscht zu sein, so wie es sein müsste, wenn der Mann in Schwarz geflohen wäre. Vielmehr packt diese Zeitlinie die Menschen in Watte, gaukelt ihnen Glück vor, doch das ist oberflächlich. Denn so wie das Böse sie nicht mehr erreicht, so erreicht sie auch das Gute nicht mehr. Letztlich ist das wohl der große Fehler in den Ansätzen von Jacob und „Samuel“: sie wollen nicht wahrhaben, dass das eine nicht ohne das andere kann. Die Waage ist nur im Gleichgewicht, wenn beide Kräfte da sind und sich bekämpfen und deshalb kann es auch nie enden, denn hat es einmal geendet, wird es von ganz alleine wieder von Neuem beginnen, denn der Mensch kann mit vollkommenem Glück auch nicht zufrieden sein, da er die Kehrseite nicht kennt.

Eloise sagt Desmond auch, er sei nicht bereit. Wir müssen uns also wirklich fragen, was diese Frau weiß und woher. Sie ist ganz eindeutig mehr als Jacobs andere Anhänger, denn selbst Richard, Ilana, Ben und Charles wissen zusammen nicht so genau Bescheid wie Eloise es wohl tut. Ich schätze nur, dass alle Theorien dazu im Moment noch recht viele „Wenn“’s und derart viele hypothetische Annahmen enthielten, dass ich mir das im Moment lieber spare. Eloise weiß offenkundig mehr, aber das Warum und Woher sind derzeit nur schwerlich zu erahnen und der Versuch, es doch zu tun, würde in einem heillosen Durcheinander der wildesten Theorien enden – das möchte ich uns allen ersparen.

Als Desmond gerade saufender Weise wegfahren will (das ist der Vorteil an einem Chauffeur), klopft Daniel ans Fenster. Auch der hat seinen Nachnamen gegen Widmore getauscht und bittet Desmond nun um ein Gespräch über etwas, wovon beide keine Ahnung haben: Quantenphysik. Okay, vorher kommt noch das übliche „Ich-hab-die-Liebe-meines-Lebens-gesehen-aber-ich-kenn-sie-nur-aus-einem-anderen-Leben“-Gebrabbel. Aber dann geht es um wirre Träume und Aufzeichnungen aus diesem anderen Leben, die dieses erst ermöglicht haben. Diese Szene läuft wie das ganze Flash Sideway letztlich auf zwei Dinge hinaus, die sich beide im Stadion zutragen, und eine Erkenntnis, die für den Desmond in der Mikrowelle bestimmt ist.

Kommen wir mal vorab zu den Ereignissen im Stadion:

1. Desmond trifft Penny und begreift, dass dieses andere Leben keine bloße Einbildung ist.

2. Desmond will die Zeitlinie erneut ändern oder zumindest all jenen, die damit in Zusammenhang stehen, die andere Seite zeigen und er beschließt bei Flug 815 anzufangen, denn das ist die bislang einzige Gemeinsamkeit mit Charlie, Desmonds einziger Anhaltspunkt. Ironischerweise war Desmond in der anderen Zeitlinie nie an Bord dieses Fliegers, sondern hat ihn runtergeholt.

Auf der Insel erwacht Desmond zwischen den zwei riesigen Magnetspulen und hat eine entscheidende Erkenntnis gewonnen, die alle Überredungsversuche von Charles schon im Vorfeld überflüssig macht. Desmond wird Charles helfen und ich schätze, dass er sich deshalb auch bereitwillig Sayid anschließt: er will auf die andere Insel, er will zum Mann in Schwarz.

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Titel: „Happily Ever After“ (Frei übersetzt: „Letztlich glücklich für immer“) ist die englische Entsprechung für „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“. Es ist also das klassische Märchenende und deshalb freu ich mich jetzt schon wie Bolle auf den deutschen Episodentitel, der bestimmt auf dem Niveau von „Taxi in die Freiheit“ – wenn nicht sogar noch darunter – liegen dürfte... „Magnetspule in ein anderes Leben“ oder „14 Tage im Leben einer Stunde“ (Inside-Joke). Aber wie kann man diesen Titel nun auffassen? Denn wirklich glücklich sind die Losties in dem anderen Leben ja nicht, obwohl sie es sein sollten. Ich denke, der Titel will uns sagen: Wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es das auch nicht. Wenn alles scheint wie aus einem Märchen, dann ergeht es einem wie Alice im Wunderland und man will irgendwann dann doch nur noch aufwachen... „Nichts kann der Mensch so schlecht vertragen, wie eine Reihe von guten Tagen!“

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute... Namaste!

4 Kommentare:

  1. „Nichts kann der Mensch so schlecht vertragen, wie eine Reihe von guten Tagen!“
    WOW, that's wisdom, dude!

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  2. Das ist eigentlich nur ein sehr altes Sprichwort... ;)

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  3. Aber meistens so wahr, Dude! ;-)

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